Russlands Krieg gegen die Ukraine: Kindheit nahe der Front

tagesschau10 Dilihat

Die Schule findet nur online statt, hinzu kommt die ständige Angst vor russischen Angriffen. Nahe der ukrainischen Front zeigen viele Kinder mittlerweile Entwicklungsstörungen.

Langeweile und nur wenig Kontakt zu Gleichaltrigen prägen das Leben vieler Minderjähriger in den Frontgebieten der Ukraine. In Kramatorsk, dem wichtigen Verwaltungszentrum der Region Donezk, bemerkt Erzieherin Olha schon bei den Jüngsten Entwicklungsstörungen.

Seit Jahren findet der Schulunterricht aus Sicherheitsgründen nur noch online statt. In einem Feriencamp versuchen die Erzieherinnen daher spielerisch, die Sprachfähigkeiten der Kinder zu verbessern. "Die Kinder haben niemanden zum Reden. Daher geht es hier um Kommunikation und Entwicklung."

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In dieser Woche ist Weltraumwoche. Die Kinder lernen alles über das Sonnensystem, über Raketen und Planeten. Der Unterricht findet im Keller statt, weil draußen Luftalarm ist – wie so oft. Die Kinder in dieser Gruppe sind im Grundschulalter. Und doch reiften sie schnell, berichtet Olha. "Die Kinder wissen sehr viel über Militärtechnik. Manchmal bringen sie uns Erwachsenen sogar etwas bei", sagt die Erzieherin.

Eigentlich wollten Initiativen wie diese erreichen, dass die Kinder des Donbass den Krieg zumindest für einen kurzen Zeitraum vergessen können. "Aber vermutlich werden sie das nie vergessen", gibt Olha zu.

Karte der Ukraine und Russlands, hell schraffiert: von Russland besetzte Gebiete

Kramatorsk liegt etwa 20 Kilometer von der Front entfernt. Die Stadt ist logistisch wichtig für die ukrainische Armee, Soldaten und Militärfahrzeuge sind hier allgegenwärtig.

Schon 2014, als die heute elfjährige Alissa geboren wurde, hielten sogenannte pro-russische Separatisten die Stadt für kurze Zeit besetzt. Alissa trifft sich einmal in der Woche mit Gleichaltrigen zum Kunstkurs einer lokalen Initiative.

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs verbringt sie viel Zeit vor dem Computer. Online hat sie einen Programmierkurs gemacht und möchte damit am liebsten in Zukunft ihr Geld verdienen. Sie habe bereits eigene Spiele programmiert, sagt Alissa.

Viele Möglichkeiten, ihre Freizeit zu gestalten, hat sie nicht. "Ich wünsche mir, dass Kramatorsk ukrainisch bleibt, dass der Krieg endet und meine Freunde zurückkommen", sagt sie. Denn die meisten ihrer Freunde hätten die Stadt mittlerweile verlassen.

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Von einst mehr als 200.000 Einwohnern leben heute nach offiziellen Angaben noch 80.000 Menschen in Kramatorsk. Im Nachbarort Druschkiwka gibt es seitens der Behörden bereits eine Evakuierungsanordnung für Minderjährige.

Doch nicht alle Eltern kommen dem nach. Oft weil sie aus privaten oder wirtschaftlichen Gründen nicht weg können oder wollen. 2.000 Minderjährige leben noch immer in dem kleinen Ort nahe der Front. Ohne Präsenzunterricht, ohne regelmäßigen Austausch mit Gleichaltrigen. Aber mit der ständigen Bedrohung russischer Luftangriffe.

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In einer kleinen Boxhalle trainiert Wladislaw eine Gruppe Jugendlicher im Kampfsport. Eigentlich ist das Versammeln von Kindern aus Sicherheitsgründen untersagt. Wladislaw aber meint, da die Kinder ohnehin in der Stadt seien, müsse man ihnen entsprechende Angebote machen. "Es geht um Gesundheit, um körperliche Stärke. Die Kinder sitzen sonst nur vor dem Computer", sagt der Trainer.

Wer in Drushkiwka unterwegs ist, sieht auf den Straßen viele Minderjährige, die Zeit totschlagen. Die Eltern sind oft berufstätig und die Kinder auf sich allein gestellt.

"Wenn ich nicht zum Training käme, säße ich nur zuhause am Computer", sagt der 16-jährige Stanislaw. Sein Vater ist Soldat, hat im Krieg eine Hand verloren. Seine Mutter arbeitet in einem lokalen Krankenhaus.

Stanislaw träumt von einem Leben ohne Krieg. Von einer festen Arbeit, die es ihm ermöglicht, eine eigene Wohnung kaufen zu können. Am liebsten in der ukrainischen Hauptstadt Kiew.

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