Hersteller ArcelorMittal stoppt Pläne für “grüne” Stahlproduktion

Eigentlich sollte der Hersteller ArcelorMittal beim klimafreundlichen Umbau der Stahlindustrie in Deutschland vorangehen – mit finanzieller Hilfe aus der Politik. Nun sagt der Konzern das Milliardenprojekt ab.

Es ist ein Rückschlag für die Pläne zur klimafreundlichen Stahlproduktion in Deutschland: Der Stahlkonzern ArcelorMittal wird seine Werke in Bremen und Eisenhüttenstadt vorerst nicht auf "grünen" Wasserstoff umstellen. Das teilte das Unternehmen mit.

Der Bund und das Land Bremen hatten dem Unternehmen dafür eigentlich insgesamt Fördergelder in Höhe von 1,3 Milliarden Euro zugesagt. ArcelorMittal begründet seine Entscheidung mit fehlender Wirtschaftlichkeit und der geringen Verfügbarkeit von Wasserstoff. Man halte zwar daran fest, die CO2-Bilanz der Stahlproduktion zu verbessern. Es sei aber zunehmend unwahrscheinlich, die CO2-Reduktionsziele bis zum Jahr 2030 zu erreichen.

Deutschlands größte Stahlfirma will an dem Ende November angekündigten Abbau von 11.000 Stellen festhalten.mehr

Die Transformation hin zu "grünem" Stahl war eines der zentralen Projekte von Ex-Wirtschaftsminister Robert Habeck; den Förderbescheid für die nun gestoppte Umstellung des Bremer Werkes hatte er persönlich überreicht. Wasserstoff wird als "grün" bezeichnet, wenn er auf Basis erneuerbarer Energien aus Wind und Sonne hergestellt wird.

Die Stahlindustrie ist einer der größten CO2-Emittenten in Deutschland. Zugleich leidet die Branche unter hohen Energiekosten, was den Wettbewerb mit günstigeren Stahlanbietern insbesondere aus China erschwert. Dazu kommen die Unsicherheiten durch die US-amerikanische Zollpolitik.

Die deutsche Stahlindustrie sieht "eine neue Eskalationsstufe", die EU droht erneut mit Gegenmaßnahmen.mehr

Der Bremer Senat kritisierte die Entscheidung. Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) sagte: "Dass Arcelor-Mittal sich von der Transformation der Stahlindustrie verabschiedet, ist nicht nur ein schwerer Schlag für den Bremer Wirtschaftsstandort und für die Zukunft der Hütte. Es ist vor allem ein schwerer Schlag für die Beschäftigten und ihre Familien." Der Senat habe unter großen Anstrengungen gut 250 Millionen Euro für den Umbau des Stahlwerkes bereitgestellt.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) kündige an, seine Landesregierung werde sich nun um den Joberhalt bemühen. Man unternehme alles, um mit den Beschäftigten, dem Bürgermeister, dem Unternehmen sowie allen Beteiligten die Arbeitsplätze im Stahlwerk in Eisenhüttenstadt zu schützen. "Der Industriestandort Deutschland und Europa darf nicht gefährdet werden."

Mit einem Verlust von 1,4 Milliarden Euro fällt die Bilanz des Konzerns nicht gerade rosig aus.mehr

Ursprünglich war geplant, dass die Hochöfen in Bremen und Eisenhüttenstadt bis 2030 ersetzt werden. In Bremen sollten eine sogenannte Direktreduktionsanlage und ein sogenannter Elektrolichtbogenofen aufgebaut werden, die ohne Kohle auskommen sollten. Der Vertrag mit der Bundesregierung über die Förderung von 1,3 Milliarden Euro sah eigentlich einen Beginn der Bauarbeiten für das Projekt bis Juni 2025 vor.

Stahlproduktion gilt wegen des Kohlebedarfs bisher als besonders klimaschädlich und braucht zudem viel Energie. Für die deutsche Wirtschaft spielt die örtliche Produktion aber immer noch eine wichtige Rolle. In der EU ist Deutschland der führende Produktionsort, weltweit gehört die Bundesrepublik zu den zehn wichtigsten Produzenten. Rund 88.000 Menschen arbeiteten lautStatistischem Bundesamtzuletzt in der Branche.

Deutschland hat im vergangenen Jahr sein Klimaziel erreicht.mehr

Das Bundeswirtschaftsministerium teilte mit, man bedaure die Entscheidung des Unternehmens. Das Ministerium betonte, dass noch keine staatlichen Gelder geflossen seien. Drei vergleichbare Vorhaben der Hersteller Salzgitter Flachstahl, Thyssenkrupp Steel Europe und SHS (Stahl-Holding-Saar) hätten Förderbescheide über zusammen rund 5,6 Milliarden Euro erhalten. An den Standorten der drei Unternehmen laufe die Umsetzung der Projekte bereits.

Deutschlands größter Stahlproduzent Thyssenkrupp Steel etwa will in Duisburg weiterhin eine Anlage zur klimaschonenderen Stahlherstellung errichten. Das bekräftigte das Unternehmen am Freitag auf dpa-Anfrage: "Wir halten an unserem Plan fest, die erste Direktreduktionsanlage in Duisburg fertigzustellen", sagte ein Firmensprecher. Gleichzeitig verwies das Unternehmen darauf, dass man sich mit dem Projekt "an der Grenze der Wirtschaftlichkeit" bewege.

Die deutsche Stahlindustrie befindet sich in einer Krise. 2024 blieb die erzeugte Rohstahlmenge auf "Rezessionsniveau", wie die Wirtschaftsvereinigung Stahl mitgeteilt hatte. Den Unternehmen machten der enorme Zuwachs von Billigimporten aus China und nicht wettbewerbsfähigen Kosten für Strom schwer zu schaffen.

Mit Millionenaufwand wurden in einigen Regionen Deutschlands teure Wasserstoffzüge beschafft.mehr

Selbst mit finanzieller Unterstützung sei die Wirtschaftlichkeit der Umstellung auf "grüne" Stahlproduktion nicht ausreichend gegeben, sagte dagegen Reiner Blaschek, Chef der europäischen Flachstahlsparte von ArcelorMittal. "Die Rahmenbedingungen ermöglichen aus unserer Sicht kein belastbares und überlebensfähiges Geschäftsmodell."

Das Unternehmen hatte wiederholt erklärt, Voraussetzung für den Umbau der Stahlerzeugung seien wettbewerbsfähige Strompreise und ausreichend Wasserstoff. Der Wasserstoff ist aus Sicht der Energiebranche aber derzeit noch nicht ausreichend vorhanden und viel zu teuer.

Mit Informationen von Hans-Joachim Vieweger, ARD-Hauptstadtstudio.

Feuerwehrverband plädiert für Entzug des Führerscheins von Gaffern

Sie fotografieren, filmen und blockieren: Allzu oft müssen sich Sanitäter und Feuerwehr bei Unfällen mit aufdringlichen Gaffern herumschlagen, die die Einsätze behindern. Der Präsident des Feuerwehrverbandes plädiert für mehr Härte.

Gaffer an Unfallorten behindern nicht selten den Einsatz von Rettungskräften. In solchen Fällen sollte ihnen der Führerschein entzogen werden, fordert der Präsident des Deutschen Feuerwehrverbandes, Karl-Heinz Banse, in der Neuen Osnabrücker Zeitung.

"Schaulustige, die an Unfallorten die Rettungskräfte behindern, oder sogar den Einsatz filmen, müssen hart bestraft werden." Früher hätten sich Feuerwehrleute bei Unfällen darauf konzentrieren können, Menschen aus Wracks zu befreien. Heute müssten sie zusätzlich Gaffer auf Abstand halten.

Justizministerin Lambrecht hat dem Kabinett dazu ein Gesetz vorgelegt, das auch Freiheitsstrafen vorsieht.mehr

An dem Verhalten hätten auch Gesetzesreformen der vergangenen Jahre nichts geändert, die etwa das Fotografieren oder Filmen von Toten unter Strafe gestellt haben. "Gaffer bleiben ein Dauerärgernis bei Einsätzen. Da muss sich etwas ändern", so Banse. Da bisherige Sanktionen offenbar nicht abschreckten, forderte er Nachbesserungen von der Politik.

"Gaffer sollten bestraft werden wie Autofahrer, die während der Fahrt das Handy nutzen – bis zur zeitnahen Abnahme des Führerscheins. Das schreckt mehr ab als abstrakte Geldstrafen", betonte Banse. Die Handy-Nutzung am Steuer kann bei besonderer Gefährdung oder bei wiederholten Verstößen mit einem Fahrverbot geahndet werden.

Schaulustige und eine fehlende Rettungsgasse haben den Einsatz der Helfer behindert.hessenschau

Die Bundespolitik hatte bereits 2019 auf das wachsende Problem der Gaffer reagiert. Gaffen kann seitdem je nach Situation als Ordnungswidrigkeit oder gar Straftat geahndet werden. Wer die Einsatzkräfte am Seitenstreifen behindert und auch nach Aufforderung nicht weiterfährt, muss mit einem Bußgeld von 20 bis 1.000 Euro rechnen. In Niedersachsen sind dann sogar 5.000 Euro fällig.

Sollten Schaulustige Unfallopfer und Fahrzeuge filmen, drohen ihnen laut Strafgesetzbuch zwei Jahre Gefängnis oder hohe Geldstrafen. Dabei ist unerheblich, ob sie die Videos veröffentlichen oder nicht. Polizisten vor Ort dürfen Smartphones in diesem Fall auch beschlagnahmen, da die Aufnahmen laut Paragraph 201a Absatz 1 "die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau stellt". Auch wer Verletzten nicht hilft, muss mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr rechnen.

Irans oberster Führer: Wer ist Ajatollah Ali Chamenei?

Irans oberster Führer Chamenei ist nicht nur geistliches Oberhaupt, sondern konzentriert auch die politische Macht auf sich. Doch der Krieg mit Israel setzt ihn massiv unter Druck. Wer ist der Mann?

Alle Macht konzentriert sich auf ihn: Ajatollah Ali Chamenei. In religiösen, aber auch in politischen Fragen hat er das letzte Wort im Iran – und nicht der Präsident. Er ist geistliches Oberhaupt und damit auch oberster Führer. Zudem beruft er den Kommandeur der wichtigen Revolutionsgarde. Seit 36 Jahren ist Chamenei an der Spitze der Islamischen Republik – und an ihm kommt niemand vorbei.

Die Verfassung des Staates sei "göttlich" und werde durch die Hände "dieser glorreichen Nation überleben", erklärt Chamenei. "So Gott will, wird dieser Baum seine Wurzeln vertiefen und festigen. Und wer sich dem entgegenstellt, wird vor euren Augen zerstört werden." Mit "Baum" ist das Regime gemeint, das er mit ganzer Kraft zu erhalten versucht.

Chamenei wird 1939 in Maschad geboren. Schon früh widmete er sich religiösen Studien. Sein Vorbild: der frühere Ajatollah Ruhollah Khomeini. Wie sein Lehrer Khomeini schloss er sich dem Kampf gegen den Schah an, mehrere Male musste er dafür ins Gefängnis. 1979 erfolgt die Iranische Revolution, der Schah stürzt – und das Ende der Monarchie ist der Anfang der Islamischen Republik:

Irans Führer Ajatollah Ali Chamenei hat die USA davor gewarnt, in den Krieg gegen Israel einzusteigen.mehr

Seit einem Anschlag auf ihn im Juni 1981 kann Chamenei seinen rechten Arm nicht mehr bewegen. Dadurch und wegen seines hohen Alters wirkt er bei seinen Auftritten mitunter mild. Doch das täuscht, denn in Wahrheit hat er über die Jahrzehnte nicht an Schärfe verloren.

Das zeigen zuletzt dieProteste im Land nach dem Tod von Jina Mahsa Amini, die vom Regime blutig niedergeschlagen werden. Hunderte starben, mehr als 30.000 Menschen wurden festgenommen. Chamenei sieht in den Protesten eine Verschwörung ausländischer Mächte.

Die jahrelange Wirtschaftskrise im eigenen Land, die Armut der Menschen im Iran spielt der 86-Jährige herunter. Er prophezeit dem Land eine große Zukunft: "Mitunter gibt es Schwierigkeiten, Menschen werden hoffnungslos, stoßen auf unerwartete Phänomene, aber die können überall auftreten. Die gab es auch schon in Zeiten des heiligen Propheten und davor."

Der eigenen Bevölkerung demonstriert das Regime in Teheran gern militärische Stärke. Doch stimmt das?mehr

Regelmäßig richtet Chamenei Drohungen an die sogenannten Erzfeinde: Die US-Regierung beschimpft er als Clowns, nennt den Westen dumm und idiotisch, weil der vom Iran erwarte, sein Rüstungsprogramm zu begrenzen. Und so wurden am 13. Juni aus Erzfeinden Kriegsparteien.

Nach den ersten Angriffen Israels droht der oberste Führer Israel: "Das Leben wird für sie bitter werden, ohne Zweifel. Sie sollten nicht denken, dass sie zugeschlagen haben und es damit vorbei ist." Israel habe angefangen – und einen Krieg ausgelöst, so Chamenei. "Wir werden nicht zulassen, dass sie von dem großen Verbrechen, das sie begangen haben, ungestraft davonkommen."

Inzwischen wird es einsam um Chamenei. Mehrere ranghohe Militärs, dazu sein außenpolitischer Chefberater, wurden von Israel getötet. Ebenso seine wichtigsten Verbündeten, wie zum Beispiel Hisbollah-Anführer Hassan Nasrallah. Der enge Freund Chameneis starb im vergangenen Jahr bei einem israelischen Angriff.

Der oberste Führer des Iran, Ayatollah Ali Chamenei, gibt sich im Krieg mit Israel unbeugsam.mehr

Derzeit ist unklar, wo sich der Revolutionsführer selbst aufhält. In einem Bunker wird er vermutet, sicher ist das nicht. Dann gab es einen Auftritt des 86-Jährigen, das erste Mal seit Kriegsbeginn. Es war eine Reaktion auf dieForderung des US-Präsidenten Donald Trump, bedingungslos zu kapitulieren. In einer Fernsehansprache erklärte er: "Die iranische Nation lehnt einen aufgezwungenen Krieg genauso ab wie einen aufgezwungenen Frieden."

Wann dieser Krieg enden wird und welche Folgen er für die iranische Führung haben könnte, ist nicht klar. Eines ist jedoch sicher: Nach den Drohungen und dem Druck aus dem Westen wird die Luft um Revolutionsführer Chamenei immer dünner. Chameneis "Baum" – sein Regime – könnte entwurzelt werden.

Irans Außenminister lehnt Verhandlungen während Israels Angriffen ab

Vor den Gesprächen in Genf stellt Irans Außenminister klar: Erst bei einem Ende der israelischen Angriffe werde sein Land verhandeln. Auch Bundesaußenminister Wadephul nennt Bedingungen und sieht Teheran "am Zug".

Irans Außenminister Abbas Araghchi hat Verhandlungen angesichts der anhaltenden israelischen Angriffe abgelehnt. Solange diese Angriffe nicht aufhörten, gebe es grundsätzlich keinen Raum für Gespräche und Diplomatie, sagte Araghchi in einem Interview mit dem iranischen Staatsfernsehen. Man sei nicht bereit, mit irgendjemandem zu verhandeln. Insbesondere gebe es keinen Kontakt mit den USA.

Gesprochen wird trotzdem: Während der Krieg zwischen Israel und Iran in die zweite Woche geht, wollen sich die Außenminister von Deutschland, Frankreich und Großbritannien am Nachmittag bei einem Treffen mit Araghchi in Genf um Deeskalation bemühen. An den Gesprächen nimmt auch die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas teil. Bei den Europäern dürfte die Hoffnung mitschwingen, einen diplomatischen Impuls zu setzen – unter dem Eindruck der noch offenen Entscheidung, ob die USA aktiv in den Krieg eintreten oder nicht.

Die Erwartungen an das Treffen der "E3"-Außenminister mit dem Iran sind hoch.mehr

Bundesaußenminister Johann Wadephul betonte vor dem Treffen, dass er mit Blick auf eine diplomatische Initiative den nächsten Schritt von Teheran erwartet. Der Iran sei "jetzt am Zug". Er forderte "die ernsthafte Bereitschaft" des Iran, "auf jede Anreicherung von nuklearem Material zu verzichten, was in Richtung einer atomaren Bewaffnung gehen könnte". Nur dann könne es weitere Verhandlungen geben, so der CDU-Politiker.

Israel könne sich darauf verlassen, "dass die Bundesrepublik Deutschland die Sicherheit und die Existenz des israelischen Staates immer im Auge behalten wird, verteidigen wird". Das sei Teil der deutschen Staatsräson.

Der britische Außenminister David Lammy warnte im Vorfeld der Gespräche vor einer Eskalation im Nahen Osten. Es sei jetzt an der Zeit, den dramatischen Szenen ein Ende zu setzen, sagte Lammy nach einem bilateralen Treffen mit US-Außenminister Marco Rubio. Die Lage sei bedrohlich.

Der oberste Führer des Iran, Ayatollah Ali Chamenei, gibt sich im Krieg mit Israel unbeugsam.mehr

Mit Blick auf das iranische Atomprogramm forderte Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron eine Rückkehr zu Gesprächen. "Der iranische Nuklearbereich ist eine Bedrohung und in der Sache darf es keine laxe Haltung geben", sagte Macron vor dem Treffen. Aber niemand könne "ernsthaft glauben, dass dieser Gefahr allein mit dem derzeitigen Einsatz (Israels) begegnet werden kann". Es gebe sehr gut geschützte Werke im Iran und niemand könne derzeit genau sagen, wo sich das auf 60 Prozent angereicherte Uran befinde. "Also müssen wir die Kontrolle über (das iranische Atom-)Programm durch technische Expertise und Verhandlung zurückerlangen", so Macron.

Macron erklärte, der französische, britische und deutsche Außenminister würden sich in Genf nun abstimmen. Anschließend würden sie dem iranischen Außenminister Araghchi ein Angebot zu umfassenden diplomatischen und technischen Verhandlungen machen.

Der Vorschlag umfasse mehrere Punkte: Zum einen solle die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) ihre Arbeit mit Blick auf die null (Uran-) Anreicherung wieder aufnehmen und Zugang zu allen Einrichtungen erhalten. Die ballistischen Aktivitäten und die Finanzierung der Verbündeten des Irans in der Region sollten beschränkt werden. Zudem solle die Befreiung der Geiseln Thema sein. Macron stellte jedoch nicht klar, ob damit Geiseln im Gazastreifen gemeint sind. Frankreich bezeichnet mehrere im Iran festgehaltene Franzosen ebenfalls als Geiseln.

Trump will binnen 14 Tagen über ein Eingreifen der USA in Nahost entscheiden.mehr

Am vergangenen Freitag hatte Israel einen Großangriff auf den Erzfeind Iran begonnen. Seither greift das israelische Militär immer wieder Ziele in der Islamischen Republik an, während die iranischen Streitkräfte ihrerseits Raketen auf die Atommacht Israel abfeuern. Nach israelischer Darstellung ist das wichtigste Ziel des Krieges, den Iran an der Entwicklung von Atomwaffen zu hindern. Die iranische Führung hingegen dementiert seit Jahren, den Bau von Kernwaffen anzustreben – und pocht auf das Recht, Atomkraft für friedliche Zwecke zu nutzen.

Weitere Klagen von Afghanen gegen die Bundesregierung

Eine Gruppe gefährdeter Afghaninnen und Afghanen hat Klagen gegen Deutschland eingereicht. Sie wollen erreichen, dass das Auswärtige Amt ihnen Visa erteilt. Kanzleramtsminister Frei kündigt Einzelfallprüfungen an.

In einer koordinierten Aktion haben Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte am Verwaltungsgericht Berlin 25 Klagen eingereicht. Weitere sollen folgen. Sie alle vertreten Afghaninnen und Afghanen und deren Angehörige, die in den vergangenen Jahren Aufnahmezusagen im Rahmen unterschiedlicher Programme von Deutschland erhalten haben. Sie alle geben an, von den Taliban in Afghanistan bedroht zu werden. Viele von ihnen warten seit mehr als einem Jahr in Pakistans Hauptstadt Islamabad auf eine Ausreise nach Deutschland.

Die Organisation "Kabul Luftbrücke" hat die Klagen heute öffentlich gemacht. Eine Mitarbeiterin der Organisation, Elaha Hakim, berichtet, sie sei in Islamabad vor Ort und habe Kontakt mit vielen Betroffenen. Zwar seien die Menschen in Gästehäusern untergebracht und würden gut versorgt, dennoch sei die Verzweiflung groß. Die Ungewissheit sei für viele eine enorme psychische Belastung.

Auch von Suizidversuchen berichtet sie. Hakim erzählt, Mädchen würden ihr sagen, sie hätten Angst,nach Afghanistan zurückgehen zu müssen und zwangsverheiratet zu werden,"weil Deutschland uns nicht mehr haben" wolle.

Bereits vor einem Monat hatteeine Familie eine erste Klage eingereicht.Das Verfahren läuft noch. Rechtsanwalt Matthias Lehnert, der jetzt auch weitere Betroffene vertritt, geht davon aus, dass es noch ein bis drei Monate dauern könnte, bis es eine erste Entscheidung gibt.

Nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios hat eine afghanische Familie Klage gegen Deutschland eingereicht.mehr

CDU, CSU und SPD hatten im Koalitionsvertrag angekündigt, freiwillige Bundesaufnahmeprogramme "soweit wie möglich" zu beenden. Das Auswärtige Amt erkennt allerdings an, dass die bereits erfolgten Zusagen rechtlich verbindlich sind.

Anfang Juni hatte Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) im Bundestag erklärt, "wo wir Aufnahmezusagen in rechtlich verbindlicher Form gegeben haben, halten wir die selbstverständlich ein". Ein "konkretes Datum", ab wann die Menschen möglicherweise wieder eingeflogen werden, wollte er nicht nennen. Seit April sind alle Einreisen ausgesetzt. Zuletzt hatte die Bundesregierungauf Fragen desARD-Hauptstadtstudiosdazu ausweichend geantwortet.

Rund 2.400 Menschen mit Aufnahmezusagen warten weiterhin in Pakistan. Die Bundesregierung lässt offen, ob sie einreisen dürfen.mehr

Kanzleramtsminister Thorsten Frei (CDU) sagte jetzt demARD-Hauptstadtstudio: "Wir haben deutlich gemacht, dass wir diese freiwilligen Aufnahmeprogramme in Zukunft nicht weiterführen möchten. Deswegen werden wir auch im Einzelfall überprüfen, ob solche Aufnahmezusagen Bestand haben können oder nicht."

Sofern es begünstigende Verwaltungsakte seien, seien sie "grundsätzlich auch widerrufsfähig". Das müsse im Einzelfall geprüft werden. Die beiden zuständigen Ministerien, das Auswärtige Amt und das Bundesinnenministerium, "arbeiten so schnell wie möglich", sagte Frei.

Bis zum Regierungswechsel sind keine weiteren Flüge mit Schutzsuchenden Afghanen geplant.mehr

Zuletzt sprach die Bundesregierung von etwa 2.400 Menschen, die in Pakistan mit einer Aufnahmezusage auf Ausreise warteten, wobei laut Aussagen des Bundesinnenministeriums "mehr als die Hälfte bisher noch nicht alle Schritte im Ausreiseverfahren durchlaufen" haben. Derzeit sind allerdings auch die umfangreichen Sicherheitsüberprüfungen vor Ort ausgesetzt, weil die Behörden ihre Mitarbeiter aus Sicherheitsgründen abgezogen haben.

Elaha Hakim von der Organisation "Kabul Luftbrücke" berichtet, die tatsächliche Zahl der Menschen mit Aufnahmezusage vor Ort sei mittlerweile gesunken, da Zusagen aufgehoben worden seien. So hätten beispielsweise mehrere Menschen vergangene Woche Absagen erhalten und müssten heute aus den Gästehäusern ausziehen. Die Menschen wüssten dann nicht, was sie machen sollen. Die Bundesregierung hat das auf Nachfrage bislang nicht bestätigt.

Marktbericht: Können die Börsen Trump diesmal trauen?

Die Hoffnung auf eine diplomatische Lösung im Nahost-Konflikt gibt dem DAX Auftrieb. Marktbeobachter sind aber skeptisch: Ist Trumps Zwei-Wochen-Frist am Ende nur ein Täuschungsmanöver?

Am Ende einer bislang schwachen Woche geht der DAX auf Erholungskurs. In der Spitze geht es bis auf 23.320 Punkte aufwärts, zur Mittagszeit liegt das deutsche Börsenbarometer noch 0,9 Prozent im Plus bei 23.256 Zählern.

DAX-Kursgewinne mit Vorsicht zu genießen

Investoren reagieren erleichtert auf eine Ankündigung von US-Präsident Donald Trump, nuninnerhalb von zwei Wochen zu entscheiden, ob die USA in den Konflikt zwischen Israel und dem Iran eingreifen werden. In Medien war zuletzt spekuliert worden, ein US-Schlag gegen den Iran könne schon in den kommenden Tagen bevorstehen.

Doch die Kursgewinne im DAX sind mit Vorsicht zu genießen; Marktbeobachter bleiben skeptisch. "Die Lage bleibt generell weiter angespannt, und sollte die Situation im Mittleren Osten weiter eskalieren und die Diplomatie nicht erfolgreich sein, wäre auch mit einem längerfristigen Rücklauf zu rechnen", gibt ING-Experte Christian Zoller zu bedenken.

US-Militärschlag im Iran doch schon am Wochenende?

Dabei mahnt auch das nahende Wochenende die Anleger zur Vorsicht. Denn die Ankündigung einer zweiwöchigen Bedenkzeit könnte auch ein Trick von Trump sein: ein Täuschungsmanöver, um den Eindruck zu erwecken, ein Militärschlag der USA stehe noch nicht unmittelbar bevor.

Ein Eingreifen der USA bereits an diesem Wochenende liegt somit weiterhin im Bereich des Möglichen – entsprechend hoch sind die Risiken für all jene Anleger, die übers Wochenende investiert bleiben.

Trump will binnen 14 Tagen über ein Eingreifen der USA in Nahost entscheiden.mehr

Hinzu kommt: Auch aus technischer Perspektive hatten sich zuletzt die Warnsignale am deutschen Aktienmarkt gehäuft. So war der DAX zuletzt unter seine alte Ausbruchsmarken bei 23.300/23.400 Punkten zurückgefallen. Ein erster Versuch der sogenannten "Bullen" (die auf steigende Kurse wetten), diese wichtige Zone zurückzuerobern, ist heute zunächst gescheitert. Mit dem jüngsten Rutsch unter die 50-Tage-Linie, ein wichtiger Indikator für den mittelfristigen Trend, sendet der DAX zudem ein Verkaufssignal.

Die Wall Street steuert nach dem gestrigen Feiertag auf leichte Kursverluste zum Handelsstart zu. Der Future auf den Dow-Jones-Index liegt aktuell 0,2 Prozent im Minus. Gestern waren die US-Börsen wegen des Feiertags "Juneteenth" zum Gedenken an die Befreiung der afroamerikanischen Bevölkerung der Vereinigten Staaten aus der Sklaverei geschlossen geblieben.

Für besondere Spannung an den Börsen sorgt heute nicht zuletzt der große Verfallstag: Am sogenanntenHexensabbatlaufen Optionen und Futures auf Aktien und Indizes an den Terminbörsen aus. Aktienkurse und auch Indizes können heute also auch ohne wesentliche Nachrichten spürbar schwanken.

In der Vergangenheit waren große Verfallstermine oft Wendepunkte, findet an diesen Tagen doch eine Marktbereinigung statt, die häufig den Boden für einen längerfristigen Trendwechsel bilden kann.

Viermal im Jahr hüpfen die Aktienkurse scheinbar unkontrolliert auf und ab – das liegt am "Hexensabbat".mehr

Unterdessen senden auch die Ölpreise ein klares Entspannungssignal. Zur Mittagszeit geben sie deutlich nach: Die Nordseesorte Brent verbilligt sich um 2,3 Prozent auf 77,04 Dollar je Barrel (159 Liter). Seit Beginn der israelischen Luftangriffe auf den Iran am vergangenen Freitag waren die Ölpreise um gut elf Prozent in die Höhe geklettert. Investoren fürchteten, dass eine Ausweitung des Konflikts im Nahen Osten zu Versorgungsengpässen am Ölmarkt führen könnte.

Eine Blockade der wichtigen Schifffahrtsroute würde vor allem für den Ölmarkt ein Risiko darstellen.mehr

Entspannungssignale kommen auch vom Devisenmarkt: Der Dollar, der angesichts der stark gestiegenen geopolitischen Spannungen in den vergangenen Tagen seinen Status als sicherer Hafen wieder zurückgewinnen konnte, ist zum Wochenschluss nicht mehr gefragt. Der Euro zieht aktuell um 0,2 Prozent auf 1,1531 Dollar an.

Preisdaten aus Deutschland haben dem Euro keinen größeren Impuls gegeben. Im Mai waren die deutschen Erzeugerpreise im Jahresvergleich um 1,2 Prozent und damit den dritten Monat in Folge gefallen.

Dies deutet auf einen nachlassenden Inflationsdruck hin: Denn in der Statistik werden die Preise für gewerbliche Produkte – von Nahrungsmitteln bis hin zu Industriegütern – geführt, bevor sie weiterverarbeitet werden oder in den Handel kommen. Sie lassen daher frühe Rückschlüsse auf die Entwicklung der Verbraucherpreise zu.

Die nachlassende Risikoaversion der Anleger macht sich derweil auch am Markt für Edelmetalle bemerkbar: Der Goldpreis gibt weiter nach, sinkt aktuell um 0,4 Prozent auf knapp 3.357 Dollar. Anfang der Woche war das als sicherer Hafen beliebte gelbe Edelmetall noch bis auf 3.452 Dollar gestiegen.

Aktien von Infineon gehören mit einem Kursplus von knapp zwei Prozent zur Mittagszeit zu den größten DAX-Gewinnern. Hintergrund ist eine positive Analystenstimme: Johannes Schaller von der Deutschen Bank wies in einem Kommentar auf eine verbesserte Dynamik auf dem Markt für Halbleiterchips für die Autoindustrie hin. Er hob sein Infineon-Kursziel auf 42 Euro an.

Im MDAX ist die TUI-Aktie mit einem Plus von knapp sechs Prozent der mit Abstand größte Kursgewinner. Verantwortlich für den Kurssprung ist Barclays-Analyst Andrew Lobbenberg, der die TUI-Papiere von "Underweight" auf "Overweight" hochstufte und damit die Zwischenstufe "Equal Weight" übersprang. Das Kursziel schraubte der Experte von 7,70 auf 11,00 Euro nach oben.

Der Aufsichtsrat des kriselnden Industriekonzerns Thyssenkrupp kommt heute zusammen. Dabei geht es Insidern zufolge um die Pläne für eine Verselbstständigung der Marinesparte und um eine Verlängerung des Vertrags von Vorstandschef Miguel Lopez. Der stellvertretende Aufsichtsrats-Chef und Vize-Chef der Gewerkschaft IG Metall, Jürgen Kerner, hat bereits angekündigt, gegen eine Verlängerung zu stimmen.

Der Elektrolysespezialist Thyssenkrupp Nucera übernimmt wesentliche Technologie-Teile vom kriselnden dänischen Unternehmen Green Hydrogen Systems. Mit der modularen Hochdruck-Elektrolyse-Technik der Dänen wolle Thyssenkrupp Nucera das eigene Portfolio sogenannter "grüner" Wasserstofftechnologie ausbauen, teilten die Dortmunder mit. Finanzielle Details nannte der Konzern nicht.

Unterdessen haben die Pläne für eine klimafreundliche Stahlproduktion in Deutschland durch dieAbsage eines wichtigen Projekts von ArcelorMittaleinen schweren Dämpfer erhalten. Der Konzern teilte gestern mit, milliardenschwere Projekte für die Flachstahlwerke in Bremen und Eisenhüttenstatt nicht weiter zu verfolgen. Der Bund wollte diese mit 1,3 Milliarden Euro fördern.

Die Politik zeigt sich enttäuscht über den Ausstieg von ArcelorMittal aus grünen Projekten.mehr

Die dänische Container-Reederei Maersk läuft wegen der Eskalation in Nahost den Hafen in der israelischen Stadt Haifa vorerst nicht mehr an. Darüber hinaus gebe es keine weiteren Auswirkungen auf den Betrieb in der Region. Hapag-Lloyd hatte unmittelbar nach Beginn der israelischen Angriffe erklärt, aktuell keine Schiffe in iranischen oder israelischen Gewässern zu haben.

Eine Übernahme der italienischen Banco BPM durch die heimische Großbank UniCredit wird nach Ansicht ihres Vorstandsvorsitzenden Andrea Orcel immer unwahrscheinlicher. Das Angebot für den kleineren Konkurrenten werde wahrscheinlich zurückgezogen, sagte der UniCredit-Chef in einem Interview mit der Tageszeitung "La Repubblica". Grund seien Auflagen durch die Regierung in Rom.

Mit Informationen von Angela Göpfert, ARD-Finanzredaktion.

Diskussion in der Koalition: Naht die Rückkehr zur Wehrpflicht?

Die Bundeswehr hat Personalprobleme. Um die Anforderungen der NATO zu erfüllen, braucht Deutschland mehr Soldaten. Bislang setzt Schwarz-Rot auf Freiwilligkeit, doch die Rufe nach einer Wehrpflicht werden lauter.

Spätestens seit Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine hat sich die Sicherheitslage in Europa verändert. Angesichts neuer Bedrohungen sieht die NATO großen Verbesserungsbedarf bei der Verteidigungsfähigkeit des Bündnisses. Um einen potenziell hochgerüsteten Angreifer wie Russland abschrecken zu können, sind neue Vorgaben an die Mitgliedsstaaten vereinbart worden. Laut Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) benötigt allein Deutschland 50.000 bis 60.000 aktive Soldatinnen und Soldaten zusätzlich.

Vor diesem Hintergrund ist eine alte Debatte neu entbrannt: Sollte die Bundesrepublik zur Wehrpflicht zurückkehren? Vizekanzler und SPD-Chef Lars Klingbeil beantwortet die Frage zwar mit Nein, der Koalitionsvertrag setze klar auf Freiwilligkeit. "Wir müssen aber jetzt schon die Voraussetzungen dafür schaffen, dass auch verpflichtend eingezogen werden könnte", sagte Klingbeil der Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft. "Aber es wird keine Rückkehr zur alten Wehrpflicht geben, bei der alle jungen Männer eines Jahrgangs eingezogen werden."

Eine Zahl wird auf dem Treffen eine große Rolle spielen: Fünf Prozent.mehr

Kanzleramtschef Thorsten Frei dringt auf eine baldige Entscheidung darüber, ob eine Vergrößerung der Bundeswehr über Freiwilligkeit oder nur über die Rückkehr zur Wehrpflicht erreichbar ist. "Wir haben nicht die Zeit, bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag zu warten", sagte der CDU-Politiker der Nachrichtenagentur dpa. Die schwarz-rote Koalition müsse eine klare Verabredung treffen, "wann wir unsere Strategie verändern müssen, damit wir das allseits für notwendig erkannte Ziel auch erreichen können".

Frei hält es für schwer vorstellbar, dass die von Pistorius angestrebten 230.000 bis 240.000 Soldaten über einen freiwilligen Wehrdienst erreicht werden können. Man müsse sich zunächst darauf verständigen, bis wann die neue Zielgröße erreicht werden soll, sagte er. "Und dann muss man sich überlegen: Wie viel Zeit können wir uns lassen, dieses Ziel auf freiwilliger Basis zu erreichen? Meine persönliche Einschätzung ist, dass wir dafür eigentlich so gut wie gar keine Zeit haben, denn die Bedrohungslage ist enorm."

Mit dem Prinzip der Freiwilligkeit sei die Lücke von 50.000 Soldaten nicht zu schließen, argumentierte auch die stellvertretende Vorsitzende der Jungen Union, Ann-Cathrin Simon, imARD-Morgenmagazin. Es gehe um die Zukunft unseres Landes und eine veränderte Bedrohungslage seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine.

Juso-Chef Philipp Türmer hielt imARD-Morgenmagazindagegen, die Wiedereinführung einer Wehrpflicht würde die Bundeswehr massiv überfordern. "Wir müssen die Arbeitsbedingungen bei der Bundeswehr verbessern. Da kann man auch über Anreize nachdenken", sagte der Vorsitzende der SPD-Parteijugend. Im Moment brächen 30 Prozent der Rekruten beim Heer ab, weil die Bedingungen so schlecht seien. Da müsse man zuerst ansetzen.

Die Truppe braucht Nachwuchs. Auch deshalb ist die Wehrpflicht-Debatte neu entbrannt.mehr

Die schwarz-rote Koalition setzt in ihrem Koalitionsvertrag auf Freiwilligkeit. Wörtlich heißt es: "Wir schaffen einen neuen attraktiven Wehrdienst, der zunächst auf Freiwilligkeit basiert."

Verteidigungsminister Pistorius rechtfertigt dieses Vorgehen: Die ausgesetzte Wehrpflicht für Männer lasse sich zwar leicht wieder in Kraft setzen, aber bis zu 300.000 Männer pro Jahrgang könne die Bundeswehr derzeit weder unterbringen noch ausbilden: "In welchen Kasernen sollen die ausgebildet werden? Wir haben die Kasernen nicht mehr, die Unterkünfte nicht mehr. Deswegen geht es darum, wir steigen mit einem Wehrdienst ein, einem erweiterten, freiwilligen, attraktiven Wehrdienst ein, und beobachten sehr genau die Lage", sagte der SPD-Politiker.

Derzeit schrumpft die Bundeswehr und wird immer älter: Seit Jahren liegt die Zahl der Soldatinnen und Soldaten um 180.000 – trotz Werbekampagnen. Um die aktuellen NATO-Vorgaben zu erfüllen, bräuchte sie rund 260.000 aktive Soldaten und bis zu 200.000 Reservisten.

Der Militärhistoriker Sönke Neitzel bezweifelt, dass das nur auf freiwilliger Basis zu schaffen ist: "Die Frage ist dann immer, wie soll denn die Bundeswehr in solchen Szenarien das Land verteidigen? Und wenn die Fachleute sagen, wir können das ohne einen Wehranteil nicht, keiner redet ja über die alte Wehrpflicht, einen Pflichtanteil, ohne das geht das nicht, dann sollten wir das doch ernst nehmen."

Andernfalls drohe eine Überforderung der Truppe. Zudem müsse der Wehrdienst stärker honoriert werden.mehr

Verteidigungsminister Pistorius schließt einen solchen Pflichtteil zumindest nicht aus: "Ja, ich gebe allen recht, die sagen, es müssen Vorkehrungen getroffen werden für den Zeitpunkt X, zu dem die Freiwilligen nicht mehr reichen. Das werden wir im Gesetzgebungsverfahren miteinander diskutieren." Bisher stehen Teile seiner Partei aber auf der Bremse. SPD-Fraktionschef Miersch hatte unlängst die Rückkehr zu einem militärischen Pflichtdienst in dieser Legislaturperiode abgelehnt.

Der Sicherheitsexperte Christian Mölling vermutet dahinter auch Parteitaktik. Er glaube, dass man zurzeit taktisch spiele und die Diskussion angesichts der anstehenden schwierigen Parteitage auf einen späteren Zeitpunkt verschieben möchte.

Vor dem SPD-Parteitag Ende Juni will die Union aus Rücksicht auf den Koalitionspartner das Thema Wehrpflicht nicht überstrapazieren. Aber auch der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Thomas Röwekamp (CDU), geht davon aus, dass der neue Wehrdienst verpflichtende Anteile haben muss.

Das Problem lautet dann: Wie bekommt man eine Pflicht rechtlich sauber umgesetzt? "Das wird eine Herausforderung werden, weil die gesetzliche Grundlage im Grundgesetz, die wir haben, stammt aus einer anderen Zeit", so Röwekamp. "Sie verpflichtet nur Männer ab dem 18. Lebensjahr und nicht Frauen. Und sie verpflichtet auch nur Deutsche. Und deswegen, glaube ich, werden wir schon jetzt die Debatte darüber führen müssen, dass der bestehende rechtliche Rahmen nicht die Antwort der Zukunft ist."

Mit Informationen von Uli Hauck, ARD-Hauptstadtstudio

Smartphones müssen länger halten: Was die EU-Regeln bringen

Neue Smartphones müssen in der EU seit heute einfacher zu reparieren sein. Ersatzteile und Updates soll es länger geben. Bei der Orientierung helfen neue Labels. Dazu wichtige Fragen und Antworten.

Das Telefon ist heruntergefallen, doch Ersatzteile vom Hersteller gibt es schon längst nicht mehr. Das ändert sich jetzt durch neue EU-Regeln. Antworten auf die wichtigsten Fragen, was die neuen Regeln der Ökodesign-Richtlinie für Verbraucher mit sich bringen und was sich sonst noch ändert.

Ersatzteile für Handys und Tablets wie Akkus, Kameras oder Ladeanschlüsse müssen für nicht mehr erhältliche Modelle noch mindestens sieben Jahre lang lieferbar sein – innerhalb von fünf bis zehn Werktagen. Auch die Software rückt in den Fokus: Hersteller müssen mindestens fünf Jahre nach dem Verkaufsstopp noch Sicherheits- und Betriebssystem-Updates bereitstellen.

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Ein zentraler Punkt der Richtlinie: Die Geräte sollen sich nicht nur in Fachwerkstätten oder firmeneigenen Stores reparieren lassen, sondern auch mit handelsüblichem Werkzeug – theoretisch also zu Hause oder in unabhängigen Werkstätten.

Zusammen mit dem neuen Gesetz gelten auch neue Mindestanforderungen. Die Ökodesign-Richtlinie schreibt vor, dass Akkus in Smartphones und Tablets nach 800 Ladezyklen noch mindestens 80 Prozent ihrer ursprünglichen Kapazität erreichen müssen.

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Ab heute gibt es zudem eine neue Kennzeichnungspflicht. Auf einem Label, ähnlich wie das schon bei Waschmaschinen im Einsatz ist, wird neben der Energieeffizienzklasse auch die Reparierbarkeit eines Smartphones oder Tablets angezeigt. Die Energieeffizienzklasse reicht wie bei Waschmaschinen von einem dunkelgrünen A (bester Wert) bis zu einem dunkelroten G (schlechteste Gruppe). Die Reparaturskala geht von A bis E. Auch dort ist A die beste Klasse. Zudem soll das neue Label auch anzeigen, wie viele Stunden und Minuten der Akku nach vollständiger Ladung hält und wie viele Ladezyklen der Akku übersteht, bis er nur noch 80 Prozent der ursprünglichen Kapazität hat. Auch die Robustheit bei Stürzen wird angegeben.

Lieferanten und Händler müssen nach Angaben der EU-Kommission dafür sorgen, dass sich das Etikett sichtbar und in der Nähe des Produkts befindet – sowohl online als auch im Laden. Die Deutsche Umwelthilfe kündigte an, die Einhaltung der Vorgaben stichprobenartig im Handel zu überprüfen. Am Freitag fanden sich die Labels noch nicht präsent auf den Websites großer Online-Elektronikhändler.

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Ein häufig kritisierter Schwachpunkt: Die Richtlinie regelt zwar die Verfügbarkeit von Ersatzteilen – nicht aber deren Preis. Hersteller wie Apple oder Samsung könnten also weiterhin sehr hohe Preise für Ersatzdisplays verlangen. Die Reparatur würde so wirtschaftlich unattraktiv – auch wenn das Gerät im neuen "Produktpass" eine gute Note erhält.

Für Laptops gibt es bisher noch kein Label. Aber das soll wohl kommen. Nach Angaben des Fraunhofer-Instituts für Zuverlässigkeit und Mikrointegration in Berlin, das an der Entwicklung des Energielabels beteiligt war, wird derzeit ein vergleichbares Label für Laptops erarbeitet. Es soll voraussichtlich ab 2028 eingeführt werden.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) fordert darüber hinaus eine Ausweitung der Vorgaben auf alle Elektrogeräte. "Die neuen Regelungen für Smartphones und Co. sind ein wichtiger Schritt zu umweltfreundlicheren Produkten und einer verbesserten Verbraucherinformation", sagte DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz. "Aber was ist mit all den anderen Elektrogeräten? Die Schrottberge aus kurzlebigen und reparaturfeindlichen Geräten werden von Jahr zu Jahr größer."

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Das große Ziel der Ökodesign-Richtlinie ist es, Elektroschrott nachhaltig zu verringern. Eine längere Nutzungsdauer von Smartphones hätte etwa positive Auswirkungen auf das Klima: Laut einer Bitkom-Studie tauschen Nutzer in Deutschland ihr Smartphone im Schnitt alle 24 Monate. Würde sich die Dauer auf fünf bis sieben Jahre verlängern, könnten die klimaschädlichen Emissionen von Smartphones demzufolge um etwa die Hälfte gesenkt werden.

Außerdem erhofft sich die EU-Kommission einen geringeren Stromverbrauch, wenn Verbraucher zu Handys mit besseren Energieeffizienzklassen greifen. Als Teil der Ökodesignrichtlinie wurde bereits die USB-C-Pflicht umgesetzt: Seit Jahresbeginn müssen unter anderem neue Smartphones, Tablets und Kameras in der EU einen USB-C-Ladeanschluss haben – unabhängig vom Hersteller.

Mit Informationen von Kathrin Schmid, ARD-Studio Brüssel

Deutsche Badegewässer punkten mit ausgezeichneter Qualität

Hier lässt sich unbedenklich planschen: Mehr als 90 Prozent aller Badegewässer in Deutschland weisen laut EU-Umweltagentur eine ausgezeichnete Qualität auf. Die Bundesrepublik liegt damit noch vor Italien und Spanien.

Bei sommerlich warmen Temperaturen lockt die Abkühlung im Badesee, Fluss oder im Meer. Und nahezu bundesweit darf bedenkenlos ins kühle Nass abgetaucht werden. Die Europäische Umweltagentur (EEA) bescheinigte 90,5 Prozent aller untersuchten Badegewässer eine hervorragende Wasserqualität.

Fast 2.300 Gewässer wurden im vergangenen Jahr bundesweit fürdie Qualitätsanalysegeprüft – und anhand der nachgewiesenen Bakterienkonzentration mit "ausgezeichnet", "gut", "ausreichend" oder "mangelhaft" bewertet. Das Ergebnis: Mehr als 2.000 Badestellen in Deutschland konnten ein "ausgezeichnet" ergattern, etwa 140 schnitten noch "gut" ab und 24 wurden als "ausreichend" bewertet. Ein "mangelhaft" wurde nur für neun Badeorte vergeben.

Damit kann Deutschland sein gutes Niveau in Sachen Badegewässer halten. Auch im Vorjahr hatten von ebenfalls fast 2.300 geprüften Badestellen 90,3 Prozent die bestmögliche Bewertung erhalten.

Auch im EU-weiten Vergleich liegt Deutschland in Sachen sauberer Badespaß über dem Durchschnitt. Insgesamt untersuchte die EEA für ihre Analyse die Wasserqualität von insgesamt rund 22.000 Gewässern in 27 EU-Staaten sowie in Albanien und der Schweiz.

Deutschland landet in diesem Ranking auf dem achten Platz und lässt damit ganz knapp die beliebten Ferienziele Italien und Spanien hinter sich.

Spitzenreiter in Sachen Qualität der Badegewässer ist Zypern. Hier schnitten 99,2 Prozent der untersuchten Gewässer mit "ausgezeichnet" ab. Es folgen Bulgarien, Griechenland, Österreich und Kroatien – hier wiesen jeweils 95 Prozent aller Gewässer die höchste Qualitätsstufe auf. Am schlechtesten schnitt in der Analyse Albanien ab, weil nur 16 Prozent der Badegewässer eine "ausgezeichnete" Qualität aufwiesen.

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In Deutschland werden am Wochenende bis zu 37 Grad erwartet

In Deutschland wird es am Wochenende richtig heiß: 37 Grad in der Spitze sind mancherorts möglich. Besonders Senioren und Kleinkinder sind dann gefährdet. Am Sonntagabend bringen Gewitter und Schauer Abkühlung.

In Deutschland wird es am Wochenende heiß – sehr heiß: Der Deutsche Wetterdienst (DWD) sagt örtlich bis zu 37 Grad voraus. Schon der Samstag wird sonnig. Laut DWD gibt es Höchstwerte zwischen 25 Grad in Vorpommern und 33 Grad entlang des Rheins. Wer Hitze mag, sollte sie auskosten.

"Von mehr als einem Intermezzo kann man hierbei nicht sprechen", sagt DWD-Meteorologe Tobias Reinartz. Verbreitet werden es am zunächst überwiegend sonnigen Sonntag 30 bis 35 Grad, die Temperaturspitzen erwartet der DWD im Südwesten, vor allem am Rhein und an der Mosel.

"Wer der Hitze innerhalb Deutschlands entfliehen möchte, findet wohl nur in den Hochlagen der Gebirge, auf den Nord- und Ostseeinseln sowie an der Grenze zu Dänemark Höchstwerte unter 30 Grad vor", erklärt Reinartz.

Das sommerliche Wetter in den kommenden Tagen spielt auch für die Besucher beim "Southside"-Festival eine wichtige Rolle. Rund 65.000 Menschen werden in Neuhausen ob Eck in Baden-Württemberg im Freien erwartet. Das Rockmusik-Event gehört zu den größten deutschen Open-Air-Festivals.

Der DWD empfiehlt Fans auf ausreichend Sonnenschutz zu achten. Ein Meteorologe warnte auch davor, zwischen 11 und 14 Uhr das direkte Sonnenlicht zu genießen. Dann sei die Sonnenbrandgefahr besonders hoch. Erst in den Abendstunden werde es für die Festivalbesucher wieder angenehmer.

Vor allem Alte, Kranke und Schwangere sind gefährdet, aber auch Gesunde können einen Hitzschlag erleiden.mehr

Am Wochenende sind besonders jene Menschen gefährdet, deren Kreislauf ohnehin nicht sehr stabil ist – etwa chronisch Kranke, Übergewichtige und Ältere. Babys und Kleinkinder können zudem noch nicht ausreichend schwitzen und sollten daher besonders geschützt werden.

Generell sollten über den Tag verteilt etwa zweieinhalb bis drei Liter getrunken werden. Ideal sind Mineralwasser, abgekühlte Kräuter- und Früchtetees oder verdünnte Obst- und Gemüsesäfte. Sie enthalten in der Regel genügend Mineralien, um die ausgeschwitzten Salze wieder zu ersetzen. Eiskalte Getränke können Magenbeschwerden verursachen. Zudem muss der Körper mehr arbeiten, um die Flüssigkeit auf Körpertemperatur zu erwärmen. Auf Alkohol sollte besser verzichtet werden.

Tiere sollten keinesfalls im Auto zurückgelassen werden, während Herrchen oder Frauchen einkaufen oder Eis essen gehen. Denn die hohen Temperaturen verwandeln den Innenraum schon nach kurzer Zeit in einen Backofen. Die Folgen für das Tier sind Sauerstoffmangel, Übelkeit und Kreislaufprobleme bis hin zum Kreislaufversagen. Im schlimmsten Fall droht ein qualvoller Tod.

Joggen, Wandern, Tennisspielen – gerade im Urlaub haben viele Zeit dafür. Aber bei Hitze gilt einiges zu beachten.mehr

Am Sonntagabend greift laut DWD eine Kaltfront auf den Westen und Nordwesten Deutschlands über. Sie bringt kräftige Schauer und Gewitter, die bis Montag in die Südosthälfte ziehen und Unwetterpotenzial mitbringen. Dazu wird es sehr windig bis stürmisch.

"Die Temperatur stürzt förmlich ab", sagt Meteorologe Reinartz. "Gerade im Norden und Westen wird sich der Wochenstart damit fast schon herbstlich anfühlen im Vergleich zum hochsommerlichen und heißen Sonntag."

Im Norden und Westen werden es am Montag nicht einmal mehr 25 Grad, an der Nordsee ist selbst die 20-Grad-Marke nicht gesichert. In der Südosthälfte bleibe es zwar sommerlich warm, 30 Grad dürften aber auch dort nicht mehr erreicht werden.

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