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Afrikas Regierungen schauen mit Sorge auf die US-Zollentscheidung

Die USA wollen die Wirtschaftsbeziehungen zu Afrika grundlegend ändern – für die dortigen Länder steht einiges auf dem Spiel. Auf einem Wirtschaftsgipfel in Angola versuchten sie, das Schlimmste abzuwenden.

Etwa 1.500 Delegierte haben laut örtlichen Medien diese Woche am Wirtschaftsgipfel zwischen den USA und Afrika in Angolas Hauptstadt Luanda teilgenommen. Sie wollten Beziehungen pflegen und gegebenenfalls Deals abschließen. Nicht erst seit US-Präsident Donald Trump haben die Wirtschaftsbeziehungen an Kraft verloren, sagt T.K. Pooe, Wirtschaftsexperte an der WITS-Universität in Johannesburg.

"Amerika hat insbesondere in den letzten fünf oder zehn Jahren kaum noch in Afrika investiert", sagt er. "Das war unabhängig von Republikanern oder Demokraten so. Die amerikanischen Präsidenten und ihre Parteien haben Afrika schlicht nicht als wertvolles Ziel gesehen", lautet seine Analyse.

Viele afrikanische Staaten haben sich von China Autobahnen oder Brücken bauen lassen – und massive Schulden.mehr

So sei US-Präsident Joe Biden zum Beispiel in seiner gesamten Amtszeit nur einmal auf dem afrikanischen Kontinent zu Besuch gewesen. T.K. Pooe sagt: Die USA seien noch immer einer der wichtigsten Handels- und Investitionspartner. Wenn es nach Troy Fitrell geht, soll das so bleiben. Er vertrat die US-Regierung auf dem Gipfel in Luanda und will das wirtschaftliche Engagement der USA ausbauen.

Neben ihm hat die US-Regierung weitere Delegierte zum Gipfel geschickt. Richtig ranghohe Vertreter waren allerdings nicht dabei. Künftig sollen die US-Botschafter der Wirtschaft helfen, beschrieb Troy Fitrell in seiner Rede. An die Privatwirtschaft gerichtet, sagte er: "Unsere Botschaften arbeiten für Sie. Wir haben die Anreize geändert. Es ist nun ihr Hauptziel und es ist das, woran wir Botschafter bewerten, wie sie Sie unterstützen."

Fitrell nennt das "Commercial diplomacy" – also Wirtschaftsdiplomatie. In den Ohren der in Angola vertretenen Staats- und Regierungschefs aus Afrika dürfte das gut geklungen haben. Der Gipfel sei gerade wichtig, um Kontakte zu knüpfen, Klarheit zu gewinnen und die Möglichkeiten des afrikanischen Markts aufzuzeigen – etwa große Rohstoffvorkommen, sagt der Wirtschaftsbeobachter T.K. Pooe aus Johannesburg.

China investierte jahrelang in große Infrastrukturprojekte auf dem Kontinent. Jetzt ändert Peking die Strategie.mehr

Keine Klarheit gab es aber bei zwei zentralen Baustellen in den Wirtschaftsbeziehungen: dem US-Gesetz AGOA und den angekündigten Zöllen von US-Präsident Trump. Mit dem Gesetz AGOA, dem African Growth and Opportunity Act, hat der US-Kongress vor 25 Jahren den Weg für bessere Wirtschaftsbeziehungen freigemacht. So können ausgewählte Länder aus der Subsahara-Region dann etwa bestimmte Waren zollfrei in die USA exportieren.

Nur: AGOA läuft in diesem Jahr aus. Das schrecke Investoren ab, etwa im armen Lesotho, im Süden Afrikas, sagt T.K. Pooe. "Chinesische Staatsangehörige sind gekommen, um eine Fabrik in Lesotho zu errichten. Sie wussten, dass AGOA ihnen erlaubt, in die USA zu exportieren", erklärt er. "Jetzt wollen sie keine Investitionen mehr tätigen, sie wollen ihre Fabriken nicht erweitern", beschreibt Pooe die Auswirkungen über die unklare Zukunft von AGOA.

Laut regionalen Medien forderte der Wirtschaftsminister Mosambiks, Basilio Muhate, eine Verlängerung von AGOA um zehn Jahre. Ähnliche Forderungen kamen beim Gipfel in Angola von Vertretern aus Namibia.

Ebenso große Sorgen bereiten vielen Ländern die von Trump angekündigten Importzölle. Sie sind größtenteils noch bis Anfang Juli ausgesetzt, würden dann aber manche afrikanische Länder besonders hart treffen. Dann soll etwa Madagaskar mit Zöllen in Höhe von 47 Prozent belegt werden. Es trifft auch andere Länder: Mauritius drohen 40 Prozent, Botswana 37 Prozent und dem kleinen Lesotho sogar 50 Prozent Zölle. Größere Staaten wie Südafrika oder Algerien im Norden des Kontinents sollen je 30 Prozent bekommen.

Wichtige Arbeitsplätze könnten wegfallen. In Lesotho könnte es die für das Land essenzielle Jeans-Industrie treffen. Die Regierungen dürften daher mit Sorge auf die kommenden Tage schauen. Bis zum 9. Juli gelten die meisten US-Zölle als ausgesetzt. Ob sie dann wirklich in Kraft treten, ist bislang unklar.

Die Afrikaner setzen derweil auf Beziehungspflege und hoffen, dass die Amerikaner Afrika weiter als günstiges Produktionsland und Investitionsziel für begehrte Rohstoffe sehen. Denn davon gibt es in Afrika viele. China hat das ebenfalls seit einigen Jahren erkannt, sagt T.K. Pooe. Die Wirtschaftsmacht investiert stark in die afrikanische Infrastruktur.

Dieses Thema im Programm:Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 27. Juni 2025 um 05:00 Uhr.

Kommt es nach Maja T. zur nächsten Auslieferung an Ungarn?

In Budapest geht das Strafverfahren gegen Maja T. weiter. Währenddessen droht noch einer Person in Deutschland die Auslieferung nach Ungarn – dem syrischen Staatsbürger Zaid A. aus Nürnberg.

"Zehn Kilo", so viel habe Maja bereits abgenommen, sagt Maja T.sVater Wolfram Jarosch. Seit knapp drei Wochen befindet sich die non-binäre Person aus Jenain einem Hungerstreik, um gegen die erlebte Isolationshaft zu protestieren. "Hier geht es nicht um Gerechtigkeit oder eine menschenwürdige Unterbringung, sondern um ein politisches Exempel", erklärt Jarosch gegenüberMDR Investigativ.

Besonders verstörend sei, dass Majas Gesundheitszustand von Ärzten beurteilt werde, die kein Deutsch und kaum Englisch sprächen, fügt er hinzu. Noch sei Majas Zustand stabil, aber er fürchtet jederzeit eine Verschlimmerung. Deswegen fordert Jarosch, dass das Außenministerium jetzt dringend handeln und sein Kind zurückholen muss.

Maja T. aus Deutschland muss sich in Ungarn vor Gericht verantworten – wegen mutmaßlicher Angriffe auf Neonazis.mehr

Seit Februar 2025 muss sich Maja T. vor dem Budapester Stadtgericht für Angriffe auf Teilnehmer des rechtsextremen "Tag der Ehre" verantworten. Zwei Angriffe werden Maja T. zur Last gelegt, bei denen die Angegriffenen durch Schlagstöcke und andere Waffen zum Teil schwer verletzt worden sein sollen. Maja T. hat sich zu den Taten bisher nicht geäußert.

Die Frage nach Schuld und Unschuld scheint in großen Teilen der Öffentlichkeit längst zweitrangig geworden zu sein. Denn Grundzüge eines fairen Verfahrens, wie man sie aus deutschen Gerichtssälen kennt, scheinen in Ungarn offenbar keine Rolle zu spielen. Das beklagt zumindest Maja T.s deutscher Anwalt Sven Richwin, dermehrere Prozesstage in Budapest verfolgt hat.

"Als deutscher Strafverteidiger ist es sehr irritierend zu sehen, dass so etwas wie ein Unmittelbarkeitsgrundsatz gar keine Rolle in dem Verfahren spielt", berichtet der Berliner Anwalt von seinen Erfahrungen. Der Unmittelbarkeitsgrundsatz ist eine wichtige Regel im deutschen Strafprozess. Das Urteil darf sich nur auf das beziehen, was in der Hauptverhandlung passiert ist. Also Zeugen und Sachverständige müssen in der Regel persönlich gehört werden.

In Ungarn hingegen zähle nicht was in dem Gerichtssaal geredet werde oder welche Beweismittel gewürdigt werden, sagt Richwin. Denn eigentlich stünde das schon fest und es würde nur aus der Akte zitiert werden. "Die ganze Verhandlungsführung des Richters hätte in Deutschland mehrfach zu Befangenheitsanträgen geführt, die auch berechtigt gewesen wären, weil er relativ wenig ein Geheimnis daraus macht, dass er Maja als schuldig ansieht."

Der Richter ist während des Verfahrens mittlerweile mehrfach auf diese "Kritik aus dem Ausland" eingegangen und hat sie als "unberechtigt" bezeichnet.

Seit einem Jahr sitzt Maja T. in Ungarn im Gefängnis, die Grünen fordern die Überstellung nach Deutschland.mehr

Trotz der Kritik an der Auslieferung von Maja T. und dendeutlichen Worten des Bundesverfassungsgerichtsdazu, kann es nun sein, dass Deutschland noch einen Beschuldigten aus dem sogenannten Budapest-Komplex an Ungarn ausliefert: Auch Zaid A. soll an den Angriffen auf Rechtsextreme in Budapest beteiligt gewesen sein.

Nachdem er zunächst untergetaucht war, stellte er sich Anfang des Jahres den Ermittlungsbehörden in Köln und kam dann in Haft. Mittlerweile ist der Haftbefehl durch das Kammergericht Berlin außer Vollzug gesetzt worden. Sein Auslieferungsverfahren geht aber weiter.

Derzeit klärt der Bundesgerichtshof, ob das Kammergericht, das auch über die Auslieferung von Maja T. entschieden hatte, hier überhaupt zuständig ist. In der Haftbefehlsprüfung von Zaid A. hat das Berliner Gericht allerdings schon gesagt, dass eine Auslieferung nach Ungarn nicht "von vornherein unzulässig" ist. Auslieferungshindernisse seien derzeit nicht ersichtlich.

Ob Maja T. nach Deutschland zurückgeholt werden kann, ist allerdings offen.mehr

Ein Auslieferungshindernis kann zum Beispiel sein, dass der Beschuldigte im Ausland eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung in Haft erfahren könnte. Oder, dass er dort kein rechtsstaatliches Verfahren bekommt.

Denn Deutschland darf sich nicht an einer Auslieferung beteiligen, wenn das Risiko für Menschenrechtsverletzungen besteht. Allerdings sind die Hürden für solche Auslieferungshindernisse hoch, denn zumindest im europäischen Ausland ist die Auslieferung der Regelfall.

Im Juli wurde die mutmaßlich linksextreme, non-binäre Person Maja von deutschen Behörden nach Ungarn ausgeliefert.mehr

Endgültig hat das Kammergericht im Fall Zaid A. noch nicht entschieden, die eigentliche Auslieferungsentscheidung steht noch an. Dennoch scheinen die Aussagen im Haftprüfungsverfahren bemerkenswert. Denn zum einen hatte das Bundesverfassungsgericht im Fall von Maja T. die Auslieferung für rechtswidrig erklärt und ausgeführt, dass man sich nicht auf allgemein gehaltene Zusicherungen Ungarns verlassen kann. Zum anderen wurden auch in Italien und Frankreich Auslieferungen nach Ungarn durch Gerichte gestoppt.

Zum Beispiel im Fall des Aktivisten "Gino": Auch er soll sich an Angriffen auf Rechtsextremisten in Budapest beteiligt haben. Das Pariser Berufungsgericht ist davon überzeugt, dass "Gino" kein rechtsstaatliches Verfahren in Ungarn bekommen würde, berichtet sein Anwalt Laurent Pasquet-Marinacce: "Zunächst wegen zahlreicher öffentlicher Angriffe der ungarischen Regierung, insbesondere auch des Pressesprechers der Regierung selbst gegen alle Beschuldigten im Budapest-Komplex. Sie werden als Terroristen und Mörder dargestellt und so wird die Unschuldsvermutung verletzt."

Wegen der Berichte über Maja T. geht das Pariser Gericht auch von unmenschlichen Bedingungen in der Haft aus.

In die juristische Aufarbeitung des "Budapest-Komplexes" kommt Bewegung.mehr

Ähnlich hatte 2024 auch ein Gericht in Mailand entschieden: Auch die Richterinnen und Richter in Italien gehen von einem konkreten Risiko unmenschlicher und erniedrigender Bedingungen in Haft aus und verhinderte die Auslieferung eines weiteren Beschuldigten im Budapest-Komplex. Zuvor hatte sich Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni persönlich für die in Ungarn inhaftierte linke Aktivistin Ilaria Salis eingesetzt. In Italien gab es wegen der Behandlung von Salis einen öffentlichen Aufschrei.

Das Berliner Kammergericht möchte nun konkrete Zusicherungen abwarten, was die Unterbringung von Zaid A. in Ungarn angeht. Zusicherungen, die Ungarn im Fall von Maja T. laut ihrem Anwalt bereits gebrochen hat.

Dieses Thema im Programm:Über dieses Thema berichtete MDR aktuell am 20. Juni 2025 um 16:30 Uhr.

Justizministerin Hubig will möbliertes Vermieten strenger regeln

Trotz der Verlängerung der Mietpreisbremse nutzen Vermieter weiterhin Schlupflöcher. Dagegen will Justizministerin Hubig vorgehen: Mit zwei Stühlen und einem Tisch ließen sich keine überzogenen Mieten rechtfertigen.

Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) will die Umgehung der Mietpreisbremse bei möblierten Wohnungen stoppen. Die Regeln ließen viele Schlupflöcher, sagte Hubig den Zeitungen der Mediengruppe Bayern. "Deshalb meinen manche Vermieter, man könne die Mietpreisbremse umgehen, indem man in seine Wohnung zwei Stühle stellt. Wir wollen dieser Masche einen Riegel vorschieben", kündigte Hubig an.

Der Bundestag hatte dieMietpreisbremse in dieser Wochebis 2029 verlängert. Sie gilt grundsätzlich auch für möblierte Wohnungen. Vermieter können jedoch zusätzlich zur Kaltmiete einen Möblierungszuschlag verlangen. Diesen müssen sie nicht gesondert im Mietvertrag ausweisen, so dass er für Mieter schwer nachzuvollziehen ist.

Vier Kinder, drei Zimmer und trotz zwei gut bezahlter Jobs ist eine größere Wohnung unbezahlbar.mehr

Hubig sagte, sie wolle besser regeln, was Vermieter für die Möbel verlangen können. "Es macht einfach einen Unterschied, ob Schlafzimmer, Wohnzimmer und Küche so gestaltet sind, dass man da mit einem Koffer einziehen kann oder ob da nur ein Tisch und zwei Stühle stehen."

Die Ministerin sagte, ihr selbst seien in Berlin teilmöblierte oder teilgewerblich zu nutzende Wohnungen zu extrem hohen Preisen angeboten worden. "Das hat System", stellte Hubig fest. Diese Praxis werde man nicht weiter hinnehmen. "Aber: Wenn eine Wohnung zu einem angemessenen Preis real möbliert vermietet wird, dann ist dagegen nichts einzuwenden."

Auch der Deutsche Mieterbund (DMB) hatte zuvor bereits die Schlupflöcher bei möblierten Wohnungen kritisiert. Das sei ein Riesenproblem, erklärte DMB-Präsident Lukas Siebenkotten gegenüber der Nachrichtenagentur dpa.

Die Bundesregierung will zügig bezahlbaren Wohnraum schaffen – und verspricht Erleichterungen für die Kommunen.mehr

Die Mietpreisbremse gilt in Gegenden, die die jeweilige Landesregierung als Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt bestimmt. Bei Neuvermietung einer Wohnung darf die Miete dort zu Mietbeginn höchstens um zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Dies ist die Durchschnittsmiete für vergleichbare Wohnungen, die zum Beispiel in Mietspiegeln zu finden ist.

Es gibt aber auch Ausnahmen: etwa neu gebaute Wohnungen, die nach Oktober 2014 erstmals vermietet wurden – oder auch Wohnungen, die nach einer umfassenden Modernisierung zum ersten Mal wieder vermietet werden.

Kritiker bemängeln, der "Bau-Turbo" ziele nicht zuallererst auf günstige Wohnungen.mehr

Das Wohnen zur Miete hat sich in denletzten zehn Jahren drastisch verteuert. Einer Auswertung des Bauministeriums zufolge stiegen die Angebotsmieten in den 14 größten kreisfreien Städten seit 2015 durchschnittlich um fast 50 Prozent.

Die größten Mietsteigerungen gab es nach Berlin (plus 107 Prozent) in Leipzig (plus 67,7 Prozent) und in Bremen (plus 57 Prozent). Das geringste Mieten-Plus nach einem Umzug wird mit 28,4 Prozent für Dresden ausgewiesen. Die Zahlen stammen vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR).

Einer der Gründe, warum die Mieten steigen, ist der Mangel an Wohnraum. Zuletzt ging die Zahl der neu gebauten Wohnungen zurück, das zeigenZahlen des Statistischen Bundesamts. Große Ambitionen verbindet die schwarz-rote Koaltion mit dem"Bauturbo". Planungsprozesse in den Kommunen sollen dadurch vereinfach und beschleunitgt werden.

Dieses Thema im Programm:Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 28. Juni 2025 um 15:00 Uhr.

Lohnt sich Fondsparen in Nebenwerte?

Auf dem Aktienmarkt stehen oft Großkonzerne wie Apple oder SAP im Rampenlicht. Für Fondssparer könnte sich aber ein Blick in die zweite und dritte Reihe von Unternehmen lohnen – auf die Nebenwerte.

In Aktien-Indizes wie dem DAX oder im Weltindex MSCI World sind nur die Börsen-Schwergewichte zu finden. Sie nehmen entsprechend in vielen Fondsprodukten für private Fondssparer eine dominierende Stellung ein.

Dabei bietet sich ein Blick in die zweite oder dritte Reihe von Unternehmen durchaus an. Sogenannte Nebenwerte, die "Small-" oder "Mid-Caps", können sich lohnen. Historisch gesehen böten sie eine etwas höhere Rendite als die "Dickschiffe" oder "Large Caps" in den großen Auswahlindizes, sagt Jannes Lorenzen vom Finanzportal justETF. Das werde allerdings auch mit etwas mehr Risiko erkauft. Schließlich seien darunter viele junge Unternehmen, deren Erlösquellen noch nicht so fest etabliert seien, wie dies bei Konzernen aus der ersten Reihe der Börse der Fall sei.

Ohne Nebenwerte sei ein Fondsdepot aber im Grunde nicht ausgewogen, so der Experte. "Die wissenschaftliche Theorie sagt ja: Bilde den ganzen Markt ab. Dazu gehören dann nicht nur Industrieländer, nicht nur mittelgroße und große Aktien wie im MSCI World, sondern technisch gesehen auch Schwellenländer – und kleine Aktien."

Als "Small Caps" gelten Unternehmen ab einem Börsenwert von rund 200 Millionen Euro bis etwa zwei Milliarden Euro. In Deutschland sind die 70 größten davon im SDAX enthalten. "Mid-Caps" dagegen bilden die zweite Reihe börsennotierter Unternehmen mit Börsenwerten von bis zu zehn Milliarden Euro. Das entspricht in etwa den Aktien im MDAX der Deutschen Börse, der weitere 50 Werte enthält.

Neben dem oft schnelleren Umsatz- und Gewinnwachstum bei den "Kleinen" an der Börse decken die Nebenwerte oft die jeweilige Volkswirtschaft eines Landes besser ab als die Börsenschwergewichte. Es finden sich dort in Deutschland etwa viele Maschinenbauer und Industrieunternehmen, aber auch Spezialisten für Pharma, Telekom oder Erneuerbare Energien.

Allerdings: Wer auf kleinere Unternehmen setzt, sollte bei der Auswahl vorsichtiger sein. Denn sie werden von Investoren und Analysten weniger stark unter die Lupe genommen, wie Götz Albert, Chief Investment Officer bei der Fondsgesellschaft Lupus Alpha, sagt: "Wir schauen uns die Unternehmen sehr genau an. Das beginnt damit, dass wir auf das Geschäftsmodell blicken, das wir erstmal verstehen müssen und das natürlich tragfähig sein muss".

Zudem sei es bei Small- und Mid-Caps besonders wichtig, wie das Unternehmen geführt sei, "weil das Management die Strategie umsetzen muss, um das Geschäftsmodell 'zum Blühen' zu bringen", so Albert.

Wenn die Geschäfte bei den kleineren Unternehmen laufen, dann stimmt auch die Rendite. Small- und Mid-Caps hängen historisch auf lange Sicht die "Dickschiffe" also die Large Caps, an der Börse ab.

Das gilt allerdings nicht für alle Zeiträume: Die Zinswende vor drei Jahren und die schwache wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland und Europa hätten den kleineren Unternehmen in den vergangenen Jahren stark zu schaffen gemacht, sagt Fondsxperte Götz Albert: "Das hat aber im Endeffekt dazu geführt, dass Small- und Mid-Caps mittlerweile deutlich günstiger bewertet sind als Large Caps, was ein seltenes, ungewohntes Bild ist". Denn in der Regel seien die Nebenwerte wegen ihres schnelleren Wachstum eigentlich höher bewertet als die Schwergewichte an der Börse.

Die Chancen stünden danach gut, dass die "Kleinen" an der Börse wieder stärker auftrumpfen werden. Schließlich sind die Zinsen in Euroland wieder gesunken, damit können die Unternehmen neues Wachstum günstiger finanzieren. Und die Wirtschaft in Deutschland und Europa dreht langsam wieder auf Wachstumskurs.

2024 gab es das zweite Jahr infolge weniger Aufträge. Insgesamt ging es um acht Prozent nach unten.mehr

Wer in Small- und Mid-Caps investieren möchte, kann dazu klassische, aktiv gemanagte Fonds nutzen. Fondsmanager Albert sieht diese in dem Sektor sogar im Vorteil: "Da er ineffizienter ist als der Large-Cap-Bereich und es auch nicht so viel Research zu den einzelnen Werten gibt, kann man durch fundamentale Aktienanalyse tatsächlich noch ein Mehr an guten Investments finden".

Alternativ können Fondssparerinnen und -sparer aber auch auf Indexfonds, kurz ETF, setzen. Die gibt es inzwischen auch auf Nebenwerte-Indizes, wie Jannes Lorenzen von justETF erläutert: "Wir haben fast 50 Small-Cap ETFs bei uns in der Datenbank, einige bilden einzelne Länder ab, andere ganze Regionen." Sogar zehn weltweite Nebenwerte-ETF seien verfügbar.

Der MSCI World gehört zu den beliebtesten Börsenindizes, an ihm gibt es aber auch Kritik.mehr

Damit die "Kleinen" im Depot nicht zu groß werden, empfehlen die Experten einen Anteil von maximal 20 Prozent – bezogen auf den Aktienbereich, in den gespart wird. Dann würden die etwas höheren Risiken der Nebenwerte relativiert und die höheren Renditechancen auf lange Sicht genutzt.

Dieses Thema im Programm:Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 27. Juni 2025 um 09:05 Uhr in der Börse.

Zehntausende bei verbotener Pride-Parade in Budapest

Ungarns Regierungschef Orban wollte die Pride-Parade in diesem Jahr mit Gesetzesänderungen unmöglich machen. Das polizeiliche Verbot scheint aber keine Wirkung zu zeigen – in Budapest sind Zehntausende Menschen zusammengekommen.

Zehntausende Menschen haben sich in Budapest einer polizeilich verbotenen Pride-Parade angeschlossen. Der Deak-Platz im Zentrum sei bereits mit Menschen gefüllt, berichtete das Nachrichtenportal telex.hu – viele schwenkten Regenbogenfahnen. Die Demonstration für die Rechte von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans und queeren Menschen (LGBTQ) soll den Plänen zufolge über eine Donaubrücke auf die Budaer Seite der ungarischen Hauptstadt ziehen.

Die diesjährige Pride steht im Zeichen einer Machtprobe zwischen dem rechtspopulistischen Ministerpräsidenten Viktor Orban sowie der liberal regierten Hauptstadt Budapest. Die von Orbans Regierung kontrolliertePolizei hatte die Veranstaltung untersagt, weil sie nach ihrer Auffassung gegen das jüngst novellierte Versammlungsgesetz verstößt. Dieses ermöglicht es, Kundgebungen zu verbieten, wenn sie sich gegen den "Kinderschutz" richten.

Es soll die bislang größte Pride-Parade in Budapest werden. Dabei dürfte sie eigentlich gar nicht stattfinden.mehr

Der liberale Budapester Oberbürgermeister Gergely Karacsony hatte die diesjährige Pride jedoch zu einer Veranstaltung der Stadt Budapest erklärt. Eine solche unterliegt nicht dem Versammlungsgesetz. Auf dessen Grundlage könne sie auch nicht verboten werden – so der Standpunkt der Budapester Stadtverwaltung und der Pride-Organisatoren.

Es wird davon ausgegangen, dass die Polizei möglichst viele Teilnehmer der aus ihrer Sicht illegalen Kundgebung anzeigen wird. Dabei könnte auch Gesichtserkennungssoftware zum Einsatz kommen. Den Angezeigten drohen hohe Geldstrafen.

Bunte Outfits und viele Fahnen: In Budapest haben sich Zehntausende Menschen zur Pride versammelt.

Die Pride-Veranstalter sprechen von der größten Pride, die es je in der ungarischen Hauptstadt gegeben haben wird. Sie erwarten mehr als 50.000 Teilnehmer. In Ungarn sind Pride-Teilnehmer deutlich weniger auffällig gekleidet als etwa in Deutschland – keine Lack- und Lederoutfits, wenig nackte Haut – dafür viele Regenbogen-T-Shirts und -Fahnen.

Zu dem Umzug angekündigt haben sich auch rund70 Europaabgeordnete, zahlreiche Diplomaten sowie die EU-Kommissarin für Gleichberechtigung, Hadja Lahbib.

Für den heutigen Tag sind zudem vier Gegendemonstrationen von rechtsextremen Gruppen angemeldet. Sie kündigten an, die Wegstrecke blockieren zu wollen. Im Gegensatz zur Budapest Pride haben sie problemlos Genehmigungen für ihre Demonstrationen bekommen.

Mit Informationen von Oliver Soos, ARD-Studio Wien

Dieses Thema im Programm:Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 28. Juni 2025 um 13:45 Uhr.

Christopher Street Day in München: Politparade für Vielfalt

In München gehen bei der Politparade des Christopher Street Day Menschen für Freiheit, Vielfalt und Selbstbestimmung auf die Straße – unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen.

Angeführt unter anderem von Münchens SPD-Oberbürgermeister Dieter Reiter – sein erster öffentlicher Auftritt nach mehreren Wochen Auszeit wegen einer Schulter-OP – hat kurz nach 12 Uhr die Politparade des Christopher-Street-Days in München begonnen. Die Parade steht in diesem Jahr unter dem Motto "Liberté, Diversité, Queerité": Freiheit, Vielfalt, queere Selbstbestimmung. Reiter betonte, dass München "ein Ort konsequenter Politik gegen jede Form von Diskriminierung und Ausgrenzung" bleibe.

Neben Reiter ging Münchens Zweiter Bürgermeister Dominik Krause von den Grünen. Clemens Baumgärtner, OB-Kandidat der CSU, lief weiter hinten bei der LSU Bayern, der Lesben und Schwulen in der Union, mit; diese Gruppe wird von der CSU-Stadtratsfraktion unterstützt.

Nach Angaben eines Sprechers der Münchner Polizei waren bis späten Nachmittag 250.000 Menschen dabei. Demnach setzt sich die Zahl aus 20.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Lkw-Zugs durch die Stadt und 230.000 Zuschauerinnen und Zuschauer zusammen.

Der Polizei wurden bis zum Nachmittag keine besonderen Zwischenfälle bekannt. Nur einen Unfall gab es demnach zu berichten: Ein Teilnehmer verletzte sich, als er am Ende des Aufzugs von einem Lkw sprang.

"Es war viel Liebe in der Luft", beschrieb ein Sprecher des Veranstalters die Stimmung auf der bunten Parade, an der gut 200 Gruppen teilnahmen. Die Atmosphäre sei "toll", die Leute "nett zueinander". "Wir sind sehr zufrieden", kommentierte der Veranstalter-Sprecher die Zahl der Teilnehmer und Besucher, die etwas niedriger ausgefallen war als vor einem Jahr. Es seien schwierige Zeiten und vielleicht seien deswegen einzelne Menschen zu Hause geblieben.

Überschattet wurde der diesjährige CSD von der Entscheidung von Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU), zum Pride im politischen Berlin am 26. Julikeine Regenbogenflagge vor dem Bundestagsgebäudezu hissen – aus Neutralitätsgründen. "Es hätte nicht geschadet", sagt Joachim Haedke. Das Münchner CSU-Mitglied trug auf dem CSD in München eine Fahne mit CSU-Logo und marschierte in der Partei-Gruppierung "Lesben und Schwule in der Union", kurz LSU Bayern, beim CSD mit. Vielleicht, spekuliert er, sei man in Berlin "spießiger" als in Bayern – und verweist auf Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU), die die Regenbogenflagge sehr wohl am Samstag vor dem Landtag hissen ließ.

"Wir zeigen Gesicht für Demokratie, gesellschaftliche Akzeptanz und gerechte Teilhabe", hatte Thomas Niederbühl, politischer Sprecher des CSD und Stadtrat der Rosa Liste, vor Beginn gesagt. "Rechtsextreme und Populisten bedrohen unsere LGBTIQ*-Community, wollen unsere erkämpften Freiheiten und Rechte abschaffen und bedrohen uns mit Hass und Hetze. Aber wir sind weder still noch verschwinden wir."

Und das demonstrieren die Teilnehmenden zu Fuß oder auf Trucks. Sie ziehen im Zeichen der Regenbogenfarben durch die Straßen der Innenstadt. Passend dazu strahlender Sonnenschein und nur vereinzelt ein paar harmlose Wolken. Die Zuschauer stehen teilweise dicht an dicht an den Straßen und winken, jubeln mit, staunen, fotografieren, fangen Gummibären, Bonbons, Flyer oder Kondome auf. Der Ruf des Tages lautet: "Happy Pride!" Auf Plakaten, Bannern oder T-Shirts steht "I am what I am!", "Love is love!" oder "Knuddeln statt Hassen". Im vergangenen Jahr waren insgesamt rund 300.000 Menschen im Zug und zuschauend.

Die CSD-Parade ist nicht nur einer der größten und buntesten Demos der Stadt, sondern auch eine der lautesten: Trillerpfeifen, Tröten, Trommeln und dröhnende Beats aus den XXL-Lautsprechern der Trucks sorgten teilweise für einen ohrenbetäubenden Lärm. Wie immer waren vor allemdie schrillen Outfits der Dragqueens die Hingucker, ebenso wie die Männer und Frauen in – teilweise knappem – Leder oder Lack.

Vor dem Hintergrund von Angriffen und Gegendemos bei anderen CSDs undder queerfeindlichen Agenda von US-Präsident Donald Trumphatte die Münchner Polizei ihre Sicherheitsvorkehrungen erhöht. Welche Maßnahmen sie getroffen hat, wurde aus taktischen Gründen nicht gesagt. Nach Angaben der CSD-Organisatoren waren etwa 750 Polizeikräfte im Einsatz. "Was wir machen können, das machen wir", hatte CSD-Geschäftsführer Alexander Kluge vorab gesagt. Bei einem Interview am Rande der Parade erklärte er: "Zusammen sind wir stark. Das ist wichtiger als jemals zuvor!"

Besonders gesichert ist das zweitägige Straßenfest rund um den Marienplatz mit insgesamt sieben Partyareas. Dort gibt es Gesprächsrunden, Infostände und Konzerte bis spät in die Nacht.

Das ist dieEuropäische Perspektivebei BR24.

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Quelle: BR24 – Informationen am Abend 28.06.2025 – 18:30 Uhr

Dieses Thema im Programm:Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 28. Juni 2025 um 16:00 Uhr.

Berlin will Schutz von sexueller Identität im Grundgesetz

Berlins Regierung will erreichen, dass der Schutz sexueller Identität künftig im Grundgesetz verankert wird. Ob die Initiative Chancen hat, ist offen – denn eine entsprechende Verfassungsänderung hat hohe Hürden.

Berlin will den Schutz sexueller Identität über eine Bundesratsinitiative im Grundgesetz verankern. Ein entsprechender Vorstoß soll am Dienstag im Senat beschlossen und am 11. Juli in die Länderkammer eingebracht werden, wie eine Senatssprecherin bestätigte. Der"Tagesspiegel" [Bezahlinhalt]hatte zuvor berichtet.Ob die Initiative Chancen hat, ist unklar. Eine Verfassungsänderung bräuchte eine Zwei-Drittel-Mehrheit sowohl im Bundesrat als auch im Bundestag.

Berlin will erreichen, dass Artikel 3 im Grundgesetz im ersten Satz von Absatz 3 um den Zusatz "sexuelle Identität" erweitert wird. Aktuell lautet der Satz: "Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden."Zur Begründung für die Gesetzesinitiative heißt es laut "Tagesspiegel", Lesben, Schwule, Bisexuelle sowie trans-, intergeschlechtliche und queere Menschen (LSBTIQ) seien immer noch Benachteiligungen, Anfeindungen und gewaltsamen Übergriffen aufgrund ihrer sexuellen Identität ausgesetzt.Den Vorstoß hatten CDU und SPD in Berlin in ihrem Koalitionsvertrag verabredet. Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hatte eine Bundesratsinitiative beim Christopher Street Day (CSD) im Juli 2023 in Aussicht gestellt, wie die Zeitung weiter meldet.

Sendung: rbb24 Inforadio, 28.06.2025, 16:00 Uhr

Dieses Thema im Programm:Über dieses Thema berichtete RBB24 aktuell am 28. Juni 2025 um 15:39 Uhr.

Zehntausende demonstrieren in Budapest für LGBTQ-Rechte

Zehntausende sind ins Zentrum von Budapest geströmt, um sich der Pride-Parade anzuschließen. Damit setzten sie auch ein Zeichen gegen die Politik von Ministerpräsident Orban, der die Demonstration verbieten ließ.

Schon zum Start der Pride-Parade um 14 Uhr war der Zulauf groß: Der Platz vor dem Budapester Rathaus war schnell voll mit Tausenden Menschen. Die Veranstalter erwarten am Ende mindestens 50.000 Teilnehmer und damit die größte Pride, die es je in Budapest gegeben hat. Zu sehen sind viele Regenbogen-T-Shirts und -Fahnen.

Die Besucher in diesem Jahr kommen aus ganz Europa,unter ihnen sind auch rund 70 Mitglieder des EU-Parlaments. Für Mate Hegedüs vom Veranstatungsteam der Budapest Pride ist das ein wichtiges Signal: Dadurch habe es viel Druck auf die ungarische Regierung gegeben, glaubt er. "Und das hat es überhaupt möglich gemacht, dass wir marschieren können. Die ungarische Regierung benutzt uns ja schon seit Jahren als Sündenböcke, um auf unserem Rücken Politik zu machen. Deswegen ist es wichtig, dass wir heute hier sind und uns zeigen, stellvertretend für alle LGBTQ-Leute in Ungarn."

Einer der 70 EU-Parlamentarier ist der Grünen-Abgeordnete Daniel Freund aus Deutschland. Für ihn geht es auch ein Stück weit darum, das EU-Mitglied Ungarn in seine Schranken zu weisen. "Es ist einfach essentiell zu wissen, dass die Grundrechte der EU, die Verträge, für jede Europäerin und jeden Europäer überall in Europa gelten", so Freund.

Dazu gehörten das Recht auf Versammlungsfreiheit, das Recht zu demonstrieren, aber auch das Recht von Menschen, so zu leben und so zu lieben wie sie das wollen, sagt er. "Wir können es nicht zulassen, dass irgendwo in Europa jemand wie Orban daherkommt und uns das Recht wegnimmt. Wenn man in Ungarn die Pride verbietet, dann kann man das im Zweifel woanders auch tun."

Es soll die bislang größte Pride-Parade in Budapest werden. Dabei dürfte sie eigentlich gar nicht stattfinden.mehr

Im März hatte das von Viktor Orbans Fidesz-Partei dominierteungarische Parlament ein Gesetz beschlossen, das Versammlungen verbietet, bei denen Homosexualität dargestellt wird und die somit gegen den ungarischen Jugendschutz verstoßen würden.

Dass die Pride-Demonstration nun doch stattfindet, ist einem ziemlich cleveren Trick des grünen Budapester Bürgermeisters Gergely Karacsony zu verdanken: Er meldete eine Ersatzveranstaltung an, bei der es offiziell um das Gedenken an den Abzug der Sowjettruppen aus Ungarn geht – aber es ist eindeutig die Budapest Pride Parade daraus geworden.

Ministerpräsident Orban ist wegen seiner LGBTQ-feindlichen Politik Hauptziel der Proteste in Budapest.

Am Rathaus hängen Regenbogenfahnen – ein herber Rückschlag für Orban und seinen Feldzug gegen LGBTQ-Rechte. Weil die ganze Welt nach Budapest schaut, wollte Orban offenbar keine Bilder von prügelnden Polizisten produzieren. Er begnügte sich damit, gegen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auszuteilen, denn die hatte sich kritisch über das Pride-Verbot geäußert.

Orban beschimpfte von der Leyen, sie würde sich wie die frühere Führung der Sowjetunion verhalten: "Früher war Moskau ein Machtzentrum, von dem Befehle nach Budapest geschickt wurden. Genau das macht jetzt Ursula von der Leyen. Sie zeigt ein Verhalten wie Breschnew. Sie verhält sich wie ein sowjetischer Parteisekretär."

Die Polizei in Budapest zeigte sich am Versammlungsort der Pride ziemlich zurückhaltend. Einzelne Einsatzfahrzeuge standen gegenüber des Platzes bereit. Es gab kleinere Zwischenfälle, als schreiende radikale Christen mit einem Pappkreuz durch die Veranstaltung liefen. Doch statt die Pride-Besucher zu provozieren, erregten sie nur die Aufmerksamkeit der Fotografen und Kamerateams.

Dieses Thema im Programm:Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 28. Juni 2025 um 18:00 Uhr.

Merz warnt vor falschem Sicherheitsgefühl

In Freiheit, Frieden und Sicherheit zu leben, sei keine Selbstverständlichkeit: Beim Tag der Bundeswehr forderte Kanzler Merz mit Blick auf den russischen Krieg gegen die Ukraine, es brauche zusätzliche Verteidigungsanstrengungen.

Bundeskanzler Friedrich Merz hat vor einem falschen Sicherheitsgefühl in Deutschland gewarnt und mehr Verteidigungsanstrengungen verlangt. Bei einem Besuch des Operativen Führungskommandos der Bundeswehr in Schwielowsee wies er auf den anhaltenden russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine hin. "Wir dürfen also unsere Sicherheit nicht als gegeben hinnehmen", sagte der CDU-Politiker. "Wir müssen mehr tun, dass wir in Freiheit, in Frieden und in Sicherheit leben können."

Die NATO erlebt bewegte Zeiten – nicht nur wegen des Kriegs in der Ukraine.mehr

Merz besuchte das in der Nähe von Potsdam gelegene Operative Führungskommando am Tag der Bundeswehr, bei dem sich die Streitkräfte an zehn Standorten der Öffentlichkeit präsentieren. Im vergangenen Jahr zählte die Bundeswehr nach eigenen Angaben 230.000 Besucher. Merz dankte den Soldatinnen und Soldaten für ihren Dienst und betonte: "Ich möchte, dass der Wert der Arbeit der Soldatinnen und Soldaten in unserem Land gesehen und gewürdigt wird."

Der Kanzler schaute sich auch den Wald der Erinnerung an. Dort sind an Betonstelen die Namen aller 119 bisher in Auslandseinsätzen getöteten Soldatinnen und Soldaten festgehalten. Merz legte eine weiße Rose nieder und verharrte einen Augenblick im stillen Gedenken.

Die alte Regierung ist daran gescheitert, die neue will den Haushalt morgen im Kabinett auf den Weg bringen.mehr

Merz sicherte zu, als Bundeskanzler regelmäßig Standorte der Bundeswehr besuchen und dabei "mit den Soldatinnen und Soldaten ins Gespräch kommen" zu wollen. Er habe das als Oppositionsführer bereits getan und wolle dies nun fortsetzen, sagte er.

Der Kanzler hob bei der Gelegenheit die Bedeutung der Bundeswehr hervor: "Was Sie hier leisten, das ist grundlegend und entscheidend für unser Leben in Freiheit, in Frieden und den Wohlstand". Die Bundesregierung will den Verteidigungsetat den bisherigen Haushaltsplanungen zufolge bis 2029 schrittweise auf dann 152,8 Milliarden Euro mehr als verdoppeln. 2024 betrugen die Ausgaben 74,5 Milliarden Euro, für das laufende Jahr sind bereits 115,7 Milliarden Euro eingeplant.

Das Operative Führungskommando verantwortet im Inland die Operationsplanung, -führung und -auswertung für alle vier Teilstreitkräfte, also Heer, Luftwaffe, Marine und die Truppe für den Cyber- und Informationsraum. Es hat die Operationsführung für die Auslandseinsätze und ist die zentrale Ansprechstelle für nationale Behörden sowie für die NATO und befreundete Streitkräfte.

Dieses Thema im Programm:Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 28. Juni 2025 um 21:15 Uhr.

Arabische Gemeinden in Israel nach den iranischen Angriffen

Die Waffenruhe mit dem Iran hält. Auch in den betroffenen arabischen Gemeinden in Israel laufen die Aufräumarbeiten. Neben den Schäden kommt ans Licht, wie unterschiedlich das Land seine Bürger schützt.

Hassan Shama fegt Schutt und Glassplitter im Erdgeschoss zusammen. Ein Bagger hebt Trümmer aus seinem Garten. Die Scheiben, die Möbel – alles im Einfamilienhaus ist zerstört. Nur die Wände haben der Explosion standgehalten, sagt der ältere Mann aus der arabischen Kleinstadt Tamra im Norden Israels.

Weil er in seinem Schutzraum war, überlebte er den Einschlag einer ballistischen Rakete aus dem Iran, erzählt Hassan und wischt sich den Schweiß von der Stirn. "Die Explosion war so stark. Zuerst dachte ich, die Rakete ist in mein Haus eingeschlagen." Das Licht sei ausgegangen, berichtet er. Dann habe er den Nachbarn rufen gehört. "Da wusste ich, etwas Schreckliches ist passiert. Erst Corona, dann der 7. Oktober, Krieg mit der Hisbollah, mit dem Iran und als Nächstes? Es reicht!"

Trotz vereinbarter Waffenruhe gab es in den Morgenstunden noch Angriffe – mit mehreren Toten.mehr

Die Rakete, die die Größe eines Eisenbahnwaggons hatte, traf das Nachbarhaus direkt. Manar Khatib, ihre Schwägerin und ihre zwei Töchter Shada und Hala, 20 und 13 Jahre alt, waren im Obergeschoss, als sie starben. Zwei Wochen ist das her. Familienvater Raja Khatib kann es immer noch nicht fassen. Er habe gerade die Haustür geöffnet, erzählt er.

"Es knallte, alles war dunkel. Ich dachte, ich sterbe. Ich wollte nach oben. Meine 16-jährige Tochter kam mir zitternd und mit zerzausten Haaren entgegen." Als er nach der Mutter und den Schwestern gefragt habe, habe sie geweint, erzählt er schluchzend. "Die Rakete hätte mich töten sollen, dann könnte ich in Frieden mit ihnen ruhen. Drei oder vier Sekunden und ein paar Schritte mehr – und ich wäre auch gestorben."

Khatib ist Anwalt in der Stadt. Sein Haus hatte mehrere selbst gebaute Schutzräume. Es sei sein Traumhaus gewesen, noch immer bringt er es nicht fertig, dorthin zurückzukehren. Dach und Wände sind eingebrochen. Kleiderfetzen hängen aus Spalten, zertrümmerte Autos stehen neben dem Haus.

Das Haus der Familie Khatib wurde direkt von einer iranischen Rakete getroffen.

Sein Nachbar Hassan Shama schaut nach dem Rechten, gerade hat er ein Raketenteil in seinem Flur gefunden. Durch ein kaputtes Fenster ist der Schuttberg zu sehen, der einst das Haus von Raja Khatib war. "Sehen sie die Röhre da. Da drüben war ein Schutzraum, wo die Familie drin war", sagt Hassan Shama. Die Rakete sei genau dort im Schutzraum explodiert – keine Chance, sagt der Nachbar.

60 Prozent der Einwohner von Tamra hätten gar keine Schutzmöglichkeit, erzählt er. Sie müssten sich unter Treppen verstecken, oder im Keller, wenn die Sirene ertönt. "Die Menschen haben kein Geld, um selbst einen zu bauen." Öffentliche Bunker gebe es in Tamra nicht – bei 37.000 Einwohnern. "Unsere jüdische Nachbargemeinde hat 1.000 – 2.000 Einwohner, und da gibt es zehn bis 20 öffentliche Bunker. Zu uns hat die Regierung gesagt, dass sie nicht genug Geld hat."

Nachbar Hassan Shama klagt, dass es keine öffentlichen Schutzräume in seinem Ort gibt.

Viele Einwohnerinnen und Einwohner in Tamra fühlen sich benachteiligt. Ilham Sammar ist Mitte 60 und lebt in einem alten Haus. Während des Alarms verbarrikadiert sie sich mit Enkeln und Töchtern, zu neunt in einer Abstellkammer, die keine Fenster hat. Sammar öffnet eine Tür aus Pressspan. "Ja, das ist Holz", sagt sie. "Das ist eben alles was ich an Schutz habe. Das ist, was Gott mir gegeben hat, und er beschützt mich."

Sammar hat zwölf Tage Krieg mit dem Iran überstanden. Doch die Angst sitzt tief. Die Kinder zitterten jedes Mal, wenn das Telefon klingelt, weil das immer vor den Raketen gewarnt habe, erzählt sie. "Die Angst kontrolliert unsere ganze Familie. Als die Rakete in Tamra einschlug und die Frauen tötete, ist hier Panik ausgebrochen." Viele hätten nicht zur Arbeit gekonnt, weil es auch dort keine Schutzräume gegeben habe. "Wie soll man da arbeiten? Alle hatten einfach Angst."

Eine Abstellkammer ist der einzige Schutz vor Raketen für Ilham Sammar und ihre Familie.

Die Schäden in Tamra gehen über das Materielle hinaus. Vielleicht könne er mit einer Entschädigung vom Staat rechnen, hofft Nachbar Hassan Shama. Raja Khatib sagt, sein Haus könne er neu bauen – seine Familie aber komme nie wieder zurück.

Er möchte noch eine Botschaft loswerden: "Meine Frau war Lehrerin. Sie hat Arabisch und Hebräisch gelehrt. Ich hoffe, dass meine Familienmitglieder die letzten Opfer sind", sagt er. "Ich möchte nicht, dass anderen das passiert, ob sie Muslime, Christen oder Juden sind. Wir sind alle Menschen. Meine Botschaft ist: Beendet alle Kriege!"

Ohne Frieden explodiere der Nahe Osten, sagt Khatib. Sein Name, Raja, bedeute Hoffnung – "und ich möchte die Hoffnung nicht aufgeben".

Dieses Thema im Programm:Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 28. Juni 2025 um 20:33 Uhr.